Europäisches Parlament stimmt für Aussetzung von COVID-19-Patenten

Das EU-Parlament hat für eine temporäre Aussetzung der Corona-Patente gestimmt. NGOs kritisieren die ablehnende Haltung Deutschlands und Großbritanniens.

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(Bild: FabrikaSimf/Shutterstock.com)

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Von
  • Monika Ermert

Das Europäische Parlament stimmte am Donnerstag mit 293 gegen 284 Stimmen für eine temporäre Aussetzung von Patentansprüchen auf COVID-19-Impfstoffe und -Medikamente. Verpackt in einen Änderungsantrag für eine Entschließung zum Thema Aids kam der Beschluss aus Sicht der Befürworter gerade rechtzeitig vor dem heute in Rom stattfindenden Treffen der G20-Gesundheitsminister.

Aus Sicht der Linken im Europäischen Parlament (EP), die den Änderungsantrag eingebracht hatten, ist es ein Etappensieg auf dem Weg zur vorübergehenden Aussetzung der relevanten Patentschutzansprüche während der Pandemie. "Wir fordern eine solche Aussetzung schon seit einem Jahr", unterstrich Herlmut Scholz, EP-Abgeordneter der Linken gegenüber heise online. Scholz bestätigte, seine Fraktion hoffe, mit dem knappen Votum gestern ein Signal gesetzt zu haben, hinter das das Parlament nicht mehr zurückgehen werde.

Die Abstimmung über eine der COVID-Patentaussetzung gewidmeten Entschließung, über die am Mittwoch im Parlamentsplenum kontrovers diskutiert wurde, findet am 7. Juni statt, und damit erst nach dem Gipfel der Gesundheitsminister der G20 am Freitag und der Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly) kommende Woche.

Weil die konservative Mehrheit zusammen mit Vertretern der rechten und liberalen Vertreter im EP eine Verschiebung der COVID-Abstimmung auf das spätere Datum durchgesetzt hatten, hatte die Linken zum Kniff mit der Aids-Entschließung gegriffen. Das Abstimmungsergebnis illustriert, wie gespalten das Parlament in dieser Frage ist. Scholz unterstrich dabei, auch einzelne konservative Parlamentsmitglieder seien dem Antrag gefolgt.

Coronavirus und Heimarbeit

Auch beim Treffen der G20-Gesundheitsminister dürfte das Thema COVID-Patente ein schwieriges sein. Seit der Ankündigung der USA, den Antrag zur Patentaussetzung von Südafrika und mittlerweile 100 weiteren Ländern zu unterstützen, steht Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Beschuss von Nichtregierungsorganisationen (NGOs).

Die Initiative The Peoples Vaccine kritisiert in einer Mitteilung das Vereinigte Königreich und Deutschland dafür, dass sie die Interessen pharmazeutischer Firmen über die bestmögliche Entscheidung für die Welt stellen würden. Heidi Chow, Senior Policy Manager von Global Justice Now, ein Mitglied von The PeoplesVaccine, sagte: "Angesicht von 1000 Toten jeden Tag in Indien, ist es zutiefst abstoßend, wenn das Vereinigte Königreich, Deutschland und andere Länder die verzweifelten Bedürfnisse von Millionen von Menschen den Interessen der Milliardäre großer Pharmaunternehmen hintanstellen wollen."

Nach Angaben von The Peoples Vaccine hat das Geschäft mit den Corona-Impfstoffen innerhalb eines Jahres neun neue Milliardäre produziert, auf Platz zwei steht Biontech Chef Ugur Sahin. Zusammen seien die Neu-Milliardäre 19,3 Milliarden US-Dollar schwer, eine Summe, mit der man die Bevölkerung in allen armen Ländern 1,3 Mal durchimpfen könnte. Aktuell hätten die entsprechenden Länder aber nur 0,2 Prozent der produzierten Impfstoffe erhalten.

(olb)