Europas nächstes großes Weltraumteleskop: Euclid soll am Samstag starten

Euclid soll die größte und genaueste 3D-Karte des Kosmos erstellen und das Rätsel der Dunklen Materie und Dunklen Energie lösen helfen. Nun steht der Start an.

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Weltraumteleskop Euclid

Künstlerische Darstellung von Euclid

(Bild: ESA)

Lesezeit: 4 Min.

Mit drei Jahren Verspätung soll am Samstagabend das Weltraumteleskop Euclid der ESA ins All starten. Läuft alles wie geplant, könnte die Weltraumsonde dann drei Monate später ihre Forschungsarbeit aufnehmen und die größte, präziseste dreidimensionale Karte des Universums erstellen. Die soll helfen, der geheimnisvollen Dunklen Materie und der Dunklen Energie auf die Spur zu kommen und mehr über die Rolle der Gravitation zu erfahren. Dafür wird Euclid etwa ein Drittel des Nachthimmels kartieren und die Formen, Positionen und Distanzen von Galaxien ermitteln, die bis zu 10 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind. Die Daten sollen sichtbar machen, wie sich das Universum ausgebreitet hat und wie sich besonders große Strukturen verändert haben.

Das fertige Weltraumteleskop im Reinraum

(Bild: ESA - S. Corvaja)

Euclid sollte eigentlich schon im Jahr 2020 starten, für die letzte Verzögerung war der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine verantwortlich. Ursprünglich hatte der Satellit mit einer russischen Sojus-Rakete gestartet werden sollen, die von der ESA aber nicht mehr benutzt werden. Als Ersatz kommt jetzt eine Falcon 9 des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX zum Einsatz. Der Start ist für 17.12 Uhr MESZ am Samstag von Cape Canaveral aus angesetzt. Die soll das Weltraumteleskop dann in Richtung des Lagrange-Punkts L2 schießen, dort befindet sich bereits das Weltraumteleskop James Webb. Euclid soll nach vier Wochen ankommen und ausreichend stark abgekühlt sein, um die Kalibrierung und Erprobung der Instrumente zu ermöglichen. Drei Monate nach dem Start soll es dann losgehen.

Das Weltraumteleskop ist fast 5 m hoch und hat einen Durchmesser von 3,7 m. Von der Gesamtmasse von zwei Tonnen entfallen 210 kg auf den Treibstoff und 800 kg auf die eigentliche Nutzlast. An das Teleskop selbst mit einem Durchmesser von 1,2 m sind die Instrumente VIS (VISible Instrument) für Messungen im sichtbaren Spektrum und NISP (Near-Infrared Spectrometer and Photometer) für Spektroskopie und Photometrie im Nahinfrarotbereich angeschlossen. Vor dem Sonnenlicht wird die Technik von einem Sonnenschirm geschützt, der ermöglicht, dass VIS bei –120 °C und NISP bei –180 °C arbeiten kann.

Wie die ESA erläutert, soll VIS bei einer Wellenlänge von 550 bis 900 nm die Formen von Milliarden Galaxien ermitteln. 36 CCD-Sensoren erstellen dafür Mosaike aus jeweils 4k × 4k Pixeln. NISP wiederum misst bei 900 bis 2000 nm die Helligkeit und Intensität des Lichts von Galaxien. 16 Detektoren erstellen dafür Mosaike mit jeweils 2k × 2k Pixeln. Euclid kann dadurch nicht nur äußerst scharfe Bilder von Galaxien erstellen, sondern verfügt auch über das größte Infrarot-Gesichtsfeld aller Weltraumobservatorien. Für die immensen Datenmengen, die dann anfallen werden, hat das Weltraumteleskop 400 Gigabyte Speicher an Bord.

Mit seinen Instrumenten soll Euclid etwa ein Drittel des Sternenhimmels analysieren, der Rest wird von der Milchstraße, interstellarem Staub oder diffuser Materie im Sonnensystem dominiert, was die geplanten Beobachtungen dort unmöglich macht. Suchen soll das Weltraumteleskop nach schwachen Verzerrungen der Galaxien durch massereiche Objekte im Vordergrund. Dieser schwache Gravitationslinseneffekt lässt sich nur über statistische Analysen auswerten und soll die Verteilung Dunkler Materie deutlich machen. Außerdem soll das Gerät nach den Spuren von Wellen suchen, die am Anfang durchs Universum gelaufen sind und an deren Rändern sich die Galaxien gebildet haben.

Laut der ESA kostet die Euclid-Mission insgesamt 1,4 Milliarden Euro, mehr als 300 Institutionen und 80 Unternehmen aus 21 Staaten beteiligen sich daran. Deutschland trägt mit 21 Prozent den größten Teil der Kosten bei, erklärt das hierzulande verantwortliche Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR. 3500 Menschen haben Anteil an der Mission, davon sind 2600 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Für den Forschungsbetrieb wird sich das Euclid-Konsortium verantwortlich zeigen, vertreten sind darin 14 ESA-Staaten, Kanada, Japan und die USA. Den Start der Rakete will die ESA live auf YouTube übertragen.

(mho)