FCC treibt Neuausrichtung der US-Regulierungspolitik voran

Mit der Abstimmung über den Entwurf eines an Prinzipien der Netzneutralität ausgerichteten Regelwerks steht die US-Aufsichtsbehörde FCC vor einem wesentlichen Richtungswechsel in der Regulierungspolitik.

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Das oberste Gremium der US-Regulierungsbehörde entscheidet am heutigen Donnerstag in Washington über den Entwurf eines neuen Regelwerks für Kommunikationsnetze. Die Zustimmung der fünfköpfigen Federal Communications Commission (FCC) zu dem vom Vorsitzenden Julius Genachowski eingebrachten Vorschlag gilt als sicher. Mit dem neuen Regelwerk soll die Telekommunikationsbranche — insbesondere die Netzbetreiber — auf Prinzipien der Netzneutralität verpflichtet werden.

Um die absehbare Neuausrichtung der Regulierungspolitik unter der Regierung Barack Obamas hatte sich im Vorfeld eine heftige Debatte entzündet. Vor allem etablierte Festnetzbetreiber wie ATT und Verizon laufen in Washington Sturm gegen die Pläne, mit denen die FCC wieder stärker in den Netzbetrieb hineinregieren will. Dabei wissen sie die meisten republikanischen Abgeordneten hinter sich, denen Regierungseingriffe in Wirtschaftsangelegenheiten grundsätzlich ein Gräuel sind, aber auch einige Demokraten.

Dass die Washington Post gar von einer "fundamentalen Machtverschiebung" hin zur US-Regierung spricht, spielt den Kritikern des Vorhabens in die Hände. Doch auch Obama und Genachowski haben eine starke Lobby an ihrer Seite. Diensteanbieter wie Google, Skype oder Amazon befürworten die Pläne der FCC. Sie fürchten, dass Netzbetreiber die vollen Kapazitäten ihrer Infrastruktur künftig nur gegen Aufpreis zur Verfügung stellen und einzelne Anbieter benachteiligen könnten.

Nimmt die FCC den Vorschlag heute wie erwartet mit den Stimmen der drei demokratischen Kommissionsmitglieder an, markiert die Veröffentlichung des Papiers den Beginn eines voraussichtlich Monate währenden Prozesses, an dessen Ende ein neues Regulierungsregime für die Netze stehen soll. Gespannt ist die Branche vor allem auf die konkrete Ausgestaltung neuer Regeln für das Netzmanagement. Die Netzbetreiber fürchten eine zu starke Einflussnahme der Regierung und eine Beschneidung ihrer Möglichkeiten, die eigenen Ressourcen effizient zu verwalten.

Die Entscheidung der Regulierer könnte zudem auch ein starkes Signal an die alten US-Netzgiganten sein, dass sich die Spielregeln in Washington ändern. Insbesondere AT&T hatte seine gesamte Lobby-Macht aufgeboten und den US-Kongress sowie die FCC auf jedem nur denkbaren Kanal bearbeitet. Der Netzbetreiber ist bereit, bereits seit 2005 bestehende Maßgaben zum offenen Internet zu akzeptieren, lehnt darüber hinausgehende Regeln aber ab. In einem möglichen Kompromiss der FCC allerdings sähen Beobachter ein Signal, dass sich an den alten Kräfteverhältnissen noch nicht viel geändert haben könnte.

Vorsorglich haben die Netzbetreiber schon einmal ihre Forderung ins Spiel gebracht, dass neue Regeln bitte auch für die Diensteanbieter zu gelten hätten. Ein Regulierungswerk, dass sich dem offenen Internet verschreibt, dürfe dem Grundsatz der Ausgeglichenheit folgend dominante Player auf der anderen Seite des Tisches nicht ungeschoren lassen. Das geht klar in Richtung des Suchmaschinenriesen Google, der sein Milliardenimperium auf den Netzen der Infrastrukturbetreiber aufgebaut hat.

Vielleicht übt Google-Chef Eric Schmidt auch deshalb schon einmal den Schulterschluss mit der Netzbranche. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Chef von Verizons Mobilfunksparte, Lowell McAdam, spricht sich der CEO des Internetkonzerns trotz aller Meinungsverschiedenheiten für eine offene und fruchtbare Debatte mit der FCC aus.

Die beiden Unternehmensführer befürworten eine flexible, transparente und zurückhaltende Regulierung, die den offenen Zugang für Nutzer sicherstellt und ihnen die Gestaltungsfreiräume lässt, die für im Netz entstehende Innovationen wesentlich sei. McAdams Festnetzkollege Ivan Seidenberg hatte sich erst am gestrigen Mittwoch noch wesentlich undiplomatischer ausgedrückt. Das geplante "beschwerliche" Regelwerk hält der Chef von Verizon Communications für einen "Fehler, schlicht und einfach".

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(vbr)