Faeser fordert nach EuGH-Urteil Vorratsdatenspeicherung

Nach dem HADOPI-Urteil sieht die Innenministerin den Weg frei für die Speicherung von IP-Verbindungsdaten.

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Berlin,,Germany,,March,16,,2022.the,German,Federal,Minister,Of,The

(Bild: Juergen Nowak/Shutterstock.com)

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Von
  • Falk Steiner

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht sich in ihrer Forderung nach der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen von einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs bestätigt.

"Der Europäische Gerichtshof hat durch das Urteil des Plenums aller 27 Richterinnen und Richter jetzt sehr deutlich entschieden, dass eine Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen zur Verbrechensbekämpfung nicht nur ausdrücklich zulässig ist, sondern auch zwingend erforderlich ist", ließ Faeser per Pressemitteilung wissen. Der Europäische Gerichtshof hatte jedoch am Mittwoch ein Grundsatzurteil zur Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit einer Speicherung von Internetprotokoll-Verbindungsdaten auf Vorrat gesprochen.

Als Unterstützung für ihre Position sieht die Innenministerin den Urteilswortlaut. Darin heißt es unter anderem: "Würde ein solcher Zugang nicht gestattet, bestünde im Übrigen […] eine echte Gefahr der systemischen Straflosigkeit nicht nur von Straftaten in Form der Verletzung der Urheberrechte oder verwandter Schutzrechte, sondern auch von anderen Arten von Straftaten, die online begangen werden oder deren Begehung oder Vorbereitung durch die Merkmale des Internets erleichtert wird." Das könne Eingriffe in die Grundrechte nach EU-Grundrechtscharta rechtfertigen, wenn es verhältnismäßig sei.

"An der Beschränkung auf Fälle schwerer Kriminalität wie der entsetzlichen sexualisierten Gewalt gegen Kinder hält der Europäische Gerichtshof nicht mehr fest", zeigt sich die Innenministerin erfreut. "Das sind wesentliche Neuerungen und Wegmarken, die das höchste EU-Gericht vorgibt." Die EU-Richter in Luxemburg hatten im Fall schwerer Urheberrechtsverletzungen entschieden.

Faeser steht derzeit vor dem Problem, dass im Koalitionsvertrag die Beendigung der Debatte über die Einführung des Quick Freeze-Ansatzes vereinbart war - und Bundeskanzler Olaf Scholz sich mit dem für Quick Freeze federführenden Justizminister Marco Buschmann zuletzt ohne Mitwirkung der Innenministerin auf die Einführung geeinigt hatte. Der Kompromiss: die jetzigen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung sollten ausgesetzt bleiben, aber nicht formell aus dem Gesetz gestrichen werden.

Allerdings wären die derzeit nicht anwendbaren deutschen Regelungen mit dem gestrigen EuGH-Urteil wohl kaum in Einklang zu bringen: Die Richter in Luxemburg haben umfangreiche Anforderungen definiert, wie eine unberechtigte Profilbildung anhand der Daten verhindert werden müsse und unter welchen Umständen überhaupt ein Zugriff stattfinden darf. Dennoch dürfte die Debatte um eine mögliche IP-Vorratsdatenspeicherung in Deutschland in den kommenden Wochen noch einmal aufleben - Bundesjustizminister Marco Buschmann soll dann seinen überarbeiteten Quick Freeze-Vorschlag vorlegen, der anschließend Gesetz werden könnte. Zuletzt hatte Hessen, in dem CDU und SPD koalieren, einen Vorschlag für eine einmonatige Speicherung unterbreitet.

(nie)