Fitnesskur für den Internet-Riesen Yahoo

Der Suchmaschinen-Veteran Yahoo will effizienter werden und strukturiert dafür den Konzern komplett um. Dabei müssen einige hochrangige Manager ihren Hut nehmen.

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Die kulinarischen Wochen bei Yahoo gipfeln in einem weitgehenden Umbau des Unternehmens bis in höchste Management-Sphären. Nachdem das eigentlich als internes Papier gedachte "Erdnussbutter-Manifest" dem Internetriesen öffentlichkeitswirksam Kopflosigkeit attestierte und das Übliche empfahl (Restrukturierung, Arbeitsplatzabbau), geht Yahoo mit dem "Projekt Soufflé" jetzt ans Eingemachte. Wie der Codename zu verstehen ist, wollte Yahoo der New York Times nicht erklären. Nun ist so ein Soufflé eine luftige Angelegenheit, also könnte es darum gehen, etwas Luft aus dem aufgeblasenen Apparat zu lassen. Denn Yahoo, so die Erkenntnisse des Erdnussbuttermanns, sei zu bürokratisch und ineffizient geworden.

Deshalb ordnet Yahoo zum 1. Januar die Geschäfte in drei Bereiche neu, denen jeweils ein Mitglied des Top-Managements vorstehen wird. Der Bereich "Audience" umfasst die Internetaktivitäten und Kundendienste. Werbekunden werden künftig vom eigenen Gruppe "Advertiser & Publisher" betreut, die damit zum zentralen Umsatzbringer des Konzerns werden dürfte. Eine "Technology-Group" soll die bisher konzernweit zerstreuten Entwicklungs- und Technikabteilungen bündeln und effektiver für den gesamten Konzern arbeiten. Den wichtigen Werbekunden-Bereich soll Finanzchefin Susan Decker übernehmen, CTO Farzad "Zod" Nazem ist der designierte Chef der Technologie-Sparte. Für die Spitzenposition der Audience Group wird nach einem externen Kandidaten gesucht.

Lloyd Braun bekommt den Posten also nicht. Der fernseherfahrene Manager verlässt Yahoo nach zwei Jahren, die getrost als verkorkst zu bezeichnen sind. Vom TV-Sender ABC war Braun an die Spitze der Abteilung "Media & Entertainment" geholt worden, um bei Yahoo eigene Sendungen von TV-Format zu produzieren. Dazu ist es nie gekommen: Denn offenbar kam es zu Streit um das Geld, das eigene Programme kosten dürfen. Keine zwei Jahre nach Brauns Antritt und einer "Refokussierung" der Abteilung folgt nun sein Abtritt, über den bereits im März spekuliert worden war.

Brauns direkter Vorgesetzter, der Chef des operativen Geschäfts, Daniel Rosensweig, wird die Umstrukturierung, bei der von Arbeitsplatzabbau bisher nicht offiziell die Rede ist, noch begleiten und Yahoo dann im März 2007 verlassen – ganz freundschaftlich, wie alle Seiten betonen. Warum genau Rosensweig geht, ist nicht ganz klar. Mit seinem Abgang ist auch die Nachfolge von CEO Terry Semel wieder offen. Der 64-Jährige wird nicht mehr ewig an der Spitze des Internet-Giganten bleiben. Ohne Rosensweig als nahe liegenden Erben sehen Experten jetzt Susan Decker in der Warteschleife. Sollte sich die Managerin bei der Advertiser-Group bewähren, dürfe sie sich Hoffnungen auf den Chefsessel machen.

Die Bemühungen des Internet-Veteranen, wieder etwas mehr Schwung in die Strukturen zu bringen, ist angesichts der starken und agileren Konkurrenz dringend nötig. Yahoo kann als Überlebender der Blase 1.0 inzwischen von enormen Werbeeinnahmen ganz gut leben, musste in den vergangenen Monaten aber tatenlos zusehen, wie Google und bewegliche kleine Startups neue Modelle ausprobieren, die der Suchmaschinenbetreiber behäbig ignorierte. "Yahoo ist das Opfer des eigenen Erfolgs", erklärte das ein Analyst gegenüber der New York Times. Der Erfolg nach dem spektakulären New-Economy-Desaster habe Yahoo blind gemacht für die Veränderungen, denen das Internet in Zeiten von Youtube und Facebook unterworfen sei.

Angebote wie diese werden populärer und damit für Werbekunden interessant, das geht auch zu Lasten des Reichweitenwachstums von Platzhirschen wie Yahoo. Mit eigenen Ideen ist Yahoo im Social-Networking-Boom nicht aufgefallen. Stattdessen sind die Kalifornier schwer auf Einkaufstour durchs Web-2.0-Land. (vbr)