Fotoausstellung: Auf Spurensuche in Hannover

Der Fotojournalist Kai Löffelbein beleuchtet in seiner Ausstellung in der Galerie für Fotografie das koloniale Erbe Hannovers. Wir haben mit ihm gesprochen.

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Echo Echo - Hannover kolonial lautet der Titel der aktuellen Ausstellung in der Galerie für Fotografie – kurz GAF –, die vom 06.04. bis zum 30.04. zu sehen ist. Der Fotojournalist und Dokumentarfotograf Kai Löffelbein setzt sich in seiner Ausstellung mit dem kolonialen Erbe in Hannover und Umgebung auseinander. Dafür hat sich der Fotograf auf die fotografische Suche nach Spuren des deutschen Kolonialismus gemacht – sowohl im öffentlichen Raum als auch in musealen Sammlungen.

So fand Löffelbein im Stadtbild Hannovers Überreste und vergessene Spuren der Kolonialzeit unterschiedlichster Art: vom sogenannten Afrika-Viertel in Hannover-Badenstedt über bekannte Handelshäuser bis hin zur Sambesi-Themenwelt im Zoo Hannover. Auch in den Archiven verschiedener Museen fand der Fotograf Artefakte und Dokumente des Kolonialismus, um sie einerseits zu dokumentieren, andererseits zu hinterfragen.

Die Ausstellung in der GAF gliedert sich in zwei Bereiche: Im Erdgeschoss werden die Bilder der oben erwähnten Spurensuche Löffelbeins in Hannover gezeigt, auf der Empore sind Fotografien aus Namibia (dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika) zu sehen, die wiederum als Echo auf die Bilder im Erdgeschoss zu verstehen sind – und umgekehrt. Denn die koloniale Vergangenheit hat nicht nur in Deutschland, sondern natürlich auch in Namibia ihre Spuren hinterlassen und wirkt bis heute nach.

Fotoausstellung Kai Löffelbein (8 Bilder)

Die Galerie für Fotografie (GAF) in Hannover (Bild: Hendrik Vatheuer)

Man kann sagen, dass der Fotograf auf seiner Spurensuche mehr als fündig geworden ist und die unterschiedlichsten Fundstücke ausfindig machen konnte, insbesondere in Form von Architektur (Geschäftshäuser, Wohnhäuser, Denkmäler), Zeichen (Straßenschilder, Gedenktafeln) oder Objekten in Museen oder im Erlebnis Zoo Hannover. Löffelbeins Fotografien sind genau beobachtet, scharf fotografiert und klug kuratiert. Der Besucher bekommt einen sehr guten Blick auf das koloniale Erbe im eigenen Stadtraum und ist erstaunt über die vielen Spuren und den Umgang mit der brutalen Vergangenheit des Kolonialismus.

Kai Löffelbein (*1981) arbeitet als Fotograf vielfach an selbstinitiierten Langzeitprojekten, für die er regelmäßig nach Afrika und Asien reist. Ein wichtiger Schwerpunkt seiner fotografischen Arbeit sind die modernen Produktions- und Wertschöpfungsketten 21. Jahrhundert und die Frage nach der Stellung des Menschen darin.

Der Fotograf Kai Löffelbein

(Bild: Tom Leon Zacharek)

Wir haben Kai Löffelbein während der Vernissage für ein Interview gesprochen:

Herr Löffelbein, bisher haben Sie sich vor allem mit Problemen der modernen Welt beschäftigt. Was hat Sie nun bewogen, sich mit der Vergangenheit und der Aufarbeitung des kolonialen Erbes zu beschäftigen?

Kai Löffelbein: Ich glaube tatsächlich, dass die Vergangenheit sich im Heute widerspiegelt, deswegen auch diese Ausstellung. Der Name der Ausstellung Echo Echo, also Stimmen, die von damals bis ins heute strahlen. Auch wenn dieses Thema Vergangenheit ist, ist es eigentlich brandaktuell.

Welche Aspekte des Themas möchten Sie den Besuchern der Ausstellung näher bringen?

Kai Löffelbein: Bei dieser Ausstellung hier geht es ja um Hannover und ich glaube, wenn es um Kolonialität geht, hat man immer so große Städte wie Berlin oder Hamburg im Blick. Hamburg als große Seefahrerstadt und Berlin natürlich mit seiner wirklich langen Geschichte. Aber auch eine Stadt wie Hannover hat wahnsinnig viele Persönlichkeiten, wenn man die so nennen will, die damals ganz groß im Kolonialismus mitgespielt haben. Diese waren in den obersten Ranglinien des Militärs und haben schlimme Sachen in den ehemaligen deutschen Kolonien begangen. Man findet in Hannover ziemlich viele koloniale Spuren.

Waren Sie für die Ausstellung lange mit der Kamera unterwegs?

Kai Löffelbein: Ja, tatsächlich. Es war wirklich eine andere Arbeit, als ich sie sonst gemacht habe. In der Regel arbeite ich sehr zentriert, sehr fokussiert an einem Ort und erarbeite das Thema. Das hier ist eine Arbeit, die wahnsinnig viel Recherche bedurfte, um erst einmal Zugänge zu schaffen. Natürlich, geht es um Sachen im öffentlichen Raum. Aber dann gibt es auch Orte, wie das Landesmuseum oder den Zoll, dort benötigt man Genehmigungen, um fotografieren zu können und sich dieses Thema, das so lange zurückliegt, erarbeiten zu können.

In Ihren früheren Projekten ging es oft auch um Menschen, jetzt mehr um Dinge. Wie haben Sie das empfunden und wie hat sich das aktuelle von anderen Projekten unterschieden?

Kai Löffelbein: Richtig. Also in Echo Echo – Hannover kolonial tauchen wirklich keine Menschen auf. Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Trotzdem hat dieses Thema einen ganz großen Einfluss auf Menschen. Denn letztendlich haben diese kolonialen Rassismen und diese kolonialen Bilder die Zeit überdauert und sie bestehen bis heute. Das ist natürlich etwas, was Menschen mit anderer, nicht weißer Hautfarbe ganz konkret betrifft. Trotzdem war es für mich eine bewusste Entscheidung, diese Geschichte ohne Menschen zu machen.

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht die Aufarbeitung des kolonialen Erbes für den öffentlichen Diskurs in Deutschland?

Kai Löffelbein: Ich denke, dass es eine sehr wichtige Aufgabe ist, diesen blinden Fleck zu beleuchten und aufzuarbeiten. Es wird in Ansätzen versucht und das soll auch diese Arbeit leisten. Das Thema Kolonialismus sollte nicht als etwas gesehen werden, das irgendwie 120 Jahre her ist, mit dem wir eigentlich nichts mehr zu tun haben und das in meiner Schulzeit überhaupt gar keine Beachtung erfahren hat. Denn es hat eine tatsächliche Auswirkung hier in Deutschland. Und natürlich hat es auch Auswirkungen in den ehemaligen Kolonien, wie Namibia, wo der Diskurs ganz hart geführt wird.

Denken Sie, dass Kolonialismus als Thema in den Mittelpunkt rücken muss? Ist das ein Diskurs, der junge Leute interessiert?

Kai Löffelbein: Ich denke, dass dieser Diskurs gerade bei jungen Leuten präsent ist. Also wenn ich mich mit jungen Leuten, wie meiner Tochter, unterhalte, dann haben die das Thema auf dem Schirm. Ich sehe, das dort ein Bewusstsein da ist, viel mehr als bei älteren Leuten.

Vielen Dank für das Gespräch!

(vat)