Freie 3D-Software Blender 4.0: bessere Lichtsteuerung

Blender 4.0 bringt neben neuen Geometry-Nodes auch Farbmanagement für HDR-Monitore. Die Render-Engine Cycles beschränkt Lichtquellen wahlweise auf Objekte.

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Der Splashscreen von Blender 4.0 zeigt eine Szene von Gaku Tada.

(Bild: blender.org)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
Inhaltsverzeichnis

Die freie 3D-Software Blender 4.0 soll das Modellieren und Beleuchten von 3D-Objekten vereinfachen. Das Update steht ab sofort für Windows, macOS und Linux sowie als Quellcode zum Download zur Verfügung.

In Blender modelliert man 3D-Körper über sogenannte Modifier. Sie bearbeiten Modelle unter anderem mithilfe geometrischer Operationen, Verformungen und physikalischer Simulationen beispielsweise von Tuch oder Meer. In Version 4.0 lassen sich Modifier nun mit dem Tastenkürzel Umschalt+A hinzufügen. Das zugehörige Menü ist künftig in Untersektionen gegliedert. Es enthält zusätzlich zu den bisherigen Modifiern auch mit Geometry-Nodes erzeugte Werkzeuge.

Außer für Modifier lassen sich Geometry-Nodes in Blender 4.0 auch nutzen, um eigene Werkzeuge zukünftig in Untersektionen zu gliedern. Dadurch wird es möglich, ohne Programmierkenntnisse in Python Blender um eigene Funktionen zu erweitern.

Neue Nodes fragen ab, welches Objekt, welche Punkte, Kanten oder Flächen der Nutzer gerade ausgewählt hat. Auch Position und Rotation des zum Modellieren verwendeten 3D-Cursors fragt eine Node ab.

Mit der neuen "Repeat Zone" lassen sich Nodes mehrfach ausführen, was dem Konzept einer Schleife beim Programmieren entspricht. Die "Points to Curves"-Node zieht eine Kurve durch die Punkte einer Punktwolke. Ein weiterer Neuzugang vereinfacht die Arbeit mit Rotationen.

Mit der neuen Node “Points to Curves” ließ sich das c't-Logo neu verdrahten.

3D-Objekte müssen oft aneinander ausgerichtet werden, beispielsweise um einen Teller auf einem Tisch zu platzieren. Dieser Prozess nennt sich Snapping und wurde in Blender 4.0 deutlich erweitert. Zum einen haben die Entwickler das Snapping-Menü neu sortiert und um weitere Ausrichtungsoptionen ergänzt. Zum anderen setzt ein Druck auf die Taste B beim Transformieren eines Objektes nun einen Basispunkt für das Snapping.

Während man ein Objekt transformiert, kann man jetzt die Taste "Alt" drücken, um sich dabei im 3D-Viewport zu bewegen. So lässt sich das Objekt aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Beim Rigging wird ein 3D-Objekt mit einem Skelett versehen, über das es verformt werden kann. Die Grundbausteine heißen "Bones" oder Knochen. Blender 4.0 organisiert sie wie andere Objekte auch über "Collections". Die bisher dafür zuständigen Ebenen wurden abgeschafft. Bones können jetzt jeweils einzeln mit Farben versehen werden. Die dafür bisher zuständigen "Bone Groups" wurden ebenfalls entfernt.

Biegsame Knochen, in Blender "Bendy Bones" genannt, sind manchmal schon in ihrer Ausgangsposition, der "Rest Pose", gebogen. Blender 4.0 berücksichtigt die Biegung der Bones jetzt beim Mapping auf die Geometrie, was zu weniger Artefakten und verzogenen Flächen führt.

Die Einstellung, dass beim Animieren mit Knochen das Volumen des animierten Körpers gleich bleiben soll, konnte bisher zu Verzerrungen führen, wenn man Rotation und Skalierung kombinierte. Durch ein neues Verfahren soll das nicht mehr passieren.

Im Graph-Editor haben die Entwickler einen Butterworth-Filter zum Glätten von Animationsdaten hinzugefügt. Er korrigiert verrauschte Motion Capture-Daten. Außerdem wurde die Performance der Anzeige verbessert. Animationen sollen dadurch weniger ruckeln.

Wie eine Oberfläche mit Licht interagiert, zum Beispie,l ob sie aus Metall ist oder Holz, wird beim Shading definiert. In Blender dient dazu die Node "Principled BSDF". In Version 4.0 wurde sie komplett überarbeitet, um mit ihr eine größere Anzahl an Materialien erstellen zu können. Der Sheen-Parameter nutzt jetzt ein Mikrofaster-Modell und eignet sich damit fortan auch für Simulation von Staub auf Oberflächen.

Das 3D-Modell dieser Kamera sieht links oben sauber aus, rechts unten realistischer mit simulierter Staubschicht (Szene vom Nutzer “Alaska” mit Assets von Poly Haven).

Metalle stellt Blender 4.0 realistischer dar, da sich nun abhängig vom Blickwinkel die Farbe leicht ändert. Um die Lackschicht beispielsweise eines Autos wiederzugeben, lässt sich der simulierte Klarlack einfärben.

Darüber hinaus wurde auch der Workflow für organische Materialien mit Lichtstreuung unter der Oberfläche vereinfacht. Das betrifft halbdurchlässige Materialien wie Wachs oder menschliche Haut.

Die Node "Glossy BSDF" kann nun Effekte wie gebürstetes Metall simulieren. Bisher gab es dafür eine eigene Node "Anisotropic BSDF". Sie steht in Blender 4.0 nicht mehr zur Verfügung, sondern geht in der "Glossy BSDF"-Node auf.

Mit der "Velvet BSDF"-Node ließen sich bisher samtähnliche Stoffe darstellen. Sie heißt nun "Sheen BSDF" und stellt zwei Modelle zur Auswahl. Die neue Standardauswahl "Microfiber" eignet sich für deutlich mehr Kleiderstoffe als nur Samt, beispielsweise Baumwolle.

Lichtquellen lassen sich einfacher als zuvor mit Texturen versehen, um beispielsweise Licht zu simulieren, das ein Projektor ausstrahlt, oder das durch ein verschmutztes Fenster fällt.

Einer der großen Vorteile computergenerierter Renderings liegt darin, dass es auch Bilder erzeugen kann, die sich physikalisch nicht fotografieren lassen. Man kann etwa Lichtquellen auf bestimmte Objekte oder Materialien beschränken. Dieses Konzept nennt sich "Light-Linking" und hat mit Blender 4.0 auch in die auf Pathtracing basierende Render-Engine Cycles Einzug gehalten.

Beim Rendern mit Cycles schickt die Kamera Strahlen in die Szene, die darin reflektiert werden, bis sie eine Lichtquelle erreichen. Die Technik "Path-Guiding" hilft, die Strahlen in die richtige Richtung zu lenken und schneller Ergebnisse zu erzielen. Bisher funktionierte das nur mit diffusen Oberflächen. In Blender 4.0 profitieren davon auch spiegelnde Oberflächen.

Cycles kann jetzt die Hardwarebeschleunigung von integrierten Grafikchips basierend auf der RNDA-Architektur von AMD nutzen sowie außerdem den neuen M3-Prozessor von Apple.

Zum Rendern von Haaren dient in Cycles der Shader "Principled Hair BSDF". Sie ging bisher davon aus, dass Haare einen kreisrunden Querschnitt haben. Bei Menschenhaar sieht er aber meist elliptisch aus. Die neue Methode "Huang" unterstützt solche Formen; die alte Methode steht als "Chiang"-Variante weiterhin zur Verfügung.

Sind die Haare aus der Entfernung zu sehen, empfiehlt sich die neue Huang-Methode. Für Renderings mit Haaren aus der Nähe sollte man weiter zu Chiang greifen.

Die Haar-Beispielszene von Simon Thommes and Fernando Alcala. Zeigt links die bisherige Chiang-Methode und rechts das neue Huang-Shading-Modell.

Eine neue "High Dynamic Range"-Option im Farbmanagement optimiert unter macOS die Anzeige für NDR-Displays. Wenn man ein herkömmliches Display einsetzt, verhilft die neue AgX-Farbtransformation zu realistischer Anzeige. Überstrahlte Bereiche des Bildes gehen auch bei stark saturiertem Licht gegen Weiß, wie es bei Fotokameras der Fall ist.

Bei stark saturierten Lichtquellen neigen digitale Kameras dazu überzubelichten. Diese Verhalten kann Blender nun wiedergeben (links oben die bisherige Farbtransformation “Filmic”, rechts unten die realistischere AgX-Transformation).

Nach dem Rendern werden im Compositing die Farben von Bildern oder Animationen angepasst. Blender 4.0 zeigt die Wirkung vieler Effekte in Echtzeit an. Dazu gehören Greenscreen-Keying und Masken mit Gradienten. Im Compositor-Node-Interface erscheint die Vorschau jetzt in einem Extrafeld über der Node statt wie bisher in der Node selbst.

Der neue Kuwahara-Filter gibt Bildern ein gemaltes Aussehen. Er setzt kein 3D-Objekt voraus, kann also auch Fotos zu Gemälden umwandeln.

Mit dem Kuwahara-Filter kann man Bildern einen Aussehen wie gemalt verpassen.

Der gering ausgebaute Audiobereich im Videoeditor von Blender hat einen Equalizer erhalten. Die Wellenform der Soundstrips zeigt Blender 4.0 schneller als vorige Versionen.

  • Blender: Donwload schnell und sicher von heise.de

(akr)