GDC: Onlive und Gaikai starten Cloud-Spiele in den USA

Am 17. Juni gibt Startup-Firma Onlive den lange versprochenen Spiele-Streaming-Service in den USA frei. Konkurrent Gaikai sitzt ebenfalls in den Startlöchern und könnte dem Onlive-Gründer Steve Perlman sogar noch zuvorkommen.

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Von
  • Erich Bonnert

Die Menüoberfläche ließ sich während der Onlive-Demonstration erstaunlich flüssig mit eingebundenne Live-Streams bedienen.

Der Streaming-Service Onlive verspricht grafisch anspruchsvolle Spiele in Konsolenqualität und demonstrierte dies auf der Game Developers Confernce in San Francisco anhand aufwendiger PC-Spiele wie Mass Effect 2 und Crysis. Die Spiele laufen auf Servern in bis zu fünf über die USA verteilten Rechenzentren. Beim Aufruf von einem PC streamt der Dienst die Audio- und Videoanteile des Spiels über das Internet und greift Maus- und Tastatureingaben des Benutzers vom Client ab. Das Streaming mit 60 fps erfordert in HD-Auflösung laut Onlive eine 5-Mbps-Internet-Verbindung. Für langsamere Verbindungen werde die Qualität stufenlos herunterskaliert. Für SD-Auflösung seien 1,5 Mbps nötig. Mit Latenzzeiten von unter 80 Millisekunden entstehen laut Onlive keine Beeinträchtigungen des Spielablaufs und keine merklichen Verzögerungen. Die Spiele müssten für den Streaming-Einsatz leicht modifiziert werden. Zirka drei Wochen sei ein durchschnittlicher Entwickler damit beschäftigt, erklärte Onlives Chef-Producer Tom Dubois.

Die Grundgebühr für Onlive beträgt monatlich 15 Dollar. Dazu kommen noch die Kosten für Kauf oder Miete der einzelnen Spiele. Onlive will am 17. Juni in den USA mit zirka fünf Titeln starten, darunter Assassins Creed und Prince of Persia. Die Titel sind zunächst nur mit Vista-PCs spielbar, noch im Lauf des Jahres sollen aber auch Windows 7 und Macintosh unterstützt werden. Außerdem plant die Firma mit der selbst entwickelten Microconsolen-Hardware einen Adapter für TV-Geräte.

Derzeit stehen die Titel nur in Englisch zur Verfügung. Ab dem nächsten Jahr will der Service aber auch Europa und danach Asien angehen. Onlive betreibt fünf Rechenzentren in den USA; Ende vergangenen Jahres beteiligte sich der Telekom-Konzern AT&T an dem Startup aus Palo Alto. Onlive hat derzeit fünf aktive Titelportierungen und sucht nach weiteren Spieleentwicklern, die bisher im Konsolen- oder PC-Geschäft tätig sind. Onlive-Chef Steve Perlmann betonte auf der GDC, dass Raubkopien und der Weiterverkauf von Spielen im Onlive-Modell ausgeschlossen seien und rechnete den Entwicklern vor, wie sie höhere Margen vom Verkaufspreis einstreichen könnten.

Mit nur fünf Server-Centern will Onlive in den USA selbst Action-Spiele mit geringen Latenzen streamen.

Die Live-Demonstration zeigte eine erstaunlich flüssige Bedienoberfläche, bei der die Spiele in Windeseile ohne Ladezeiten starteten. Die Streams können nicht nur an den Spieler, sondern auch an seine Freunde und andere Onlive-Spieler geleitet werden, sodass sie immer live sehen können, was ihre Freunde gerade machen. Besonders gelungene Spielzüge lassen sich bewerten. So will Onlive auf den aktuellen Hype der Social Games mit aufspringen und später den Dienst auch mit Filmangeboten ergänzen. Die flüssige Wiedergabe führte Perlmann auf die rechenstarken Server zurück, die zum Start etwa die doppelte Rechenleistung einer PS3/Xbox 360 erreichen sollen.

Alle sechs Monate sollen die Server mit leistungsfähigerer Hardware aufgerüstet werden. Der Anwender müsse sich keinerlei Gedanken mehr über Inkompatibilitäten und Rechenleistung machen. Der Dienst könne jedes PC-Spiel auf jeden Client auf Knopfdruck streamen. Man darf gespannt sein, ob Onlive auch in freier Wildbahn so flüssig läuft.

In Konkurrenz zu Onlive tritt der Game-On-Demand-Dienst Gaikai an, der Titel von einem Flash-Server-Pool streamt. Die Spiele werden nach Angaben von Gründer David Perry unverändert auf den Server übernommen und laufen dabei auf der Client-Seite im Brower mit Flash-Plugin. Jeder Rechner mit Flash-fähigem Browser kann die Software aufrufen, egal ob PC, Mac oder Smartphone. Während Onlive fünf Server-Standorte anlegt und Otoy, ein weiterer Streaming-Konkurrent, mit zwei Rechenzentren plant, will Gaikai die USA mit 300 Server-Zentren bedienen. Die Spiele können damit in jede beliebige Web-Präsenz integriert werden.

So basiert denn auch das Vermarktungsprinzip von Gaikai auf sehr kostengünstiger oder gar kostenloser, hoher Verbreitung – der Erlös soll durch Werbeeinnahmen und den Verkauf von virtueller Ware oder Merchandising-Artikeln eingespielt werden. Entscheidend sei ein möglichst großer Preisunterschied zum normalen Download-Modell, glaubt Perry: Ohne Abonnement-Gebühren liege die Preisgestaltung ganz beim Publisher, sagt Perry, am besten sei der werbefinanzierte Nulltarif.

Der Gaikai-Gründer sieht seine Vorbilder in Asien, wo Web-Seiten mit Flash-basierten Spielen wie Stardoll oder Ponystar teilweise über 50 Millionen Spieler monatlich anlocken. Diese spielen zunächst kostenlos, kaufen aber im Spielverlauf Zusatzausstattung, die sich insgesamt auf Millionenbeträge summiere. Der Gaikai-Gründer betonte die Einfachheit der Einbindung des Streaming-Angebots in vorhandene Web-Seiten sowie die problemlose Handhabung durch die Anwender. Keine Registrierung, keine Passwörter, keine Mitgliedschaft. Bezahlt wird, wo nötig, per Paypal oder über die Handy-Abrechnung. Wie Onlive verweist er auch auf die Verhinderung von Software-Piraterie und Weitergabe der Spiele. Gaikai nennt keinen genauen Starttermin, will aber noch dieses Frühjahr in den USA loslegen. (hag)