GMD und WDR treten EMail-Lawine los

Mit Massen-EMails kann man Informationen blitzschnell verbreiten - und sich weltweit blamieren.

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Von
  • Axel Kossel

Mit Massen-EMails kann man Informationen blitzschnell verbreiten - und sich weltweit blamieren. Das mußten die GMD - Forschungszentrum Informationstechnik GmbH in St. Augustin und der Westdeutsche Rundfunk Köln in den vergangen beiden Tagen schmerzlich feststellen. Eigentlich wollten sie nur eine einmalige Information über den von ihnen gemeinsam ausgeschriebenen Wettbewerb "Shared Visions - Cyberstar 98" aussenden, bei dem Konzepte für interaktive Medienszenarien ausgezeichnet werden sollen.

Insbesondere in den USA fanden zahlreiche Empfänger die Nachricht offenbar uninteressant und folgten dem darin enthaltenen Hinweis, mit einer entsprechenden Antwort ihre Adresse von der Liste entfernen zu lassen. Dabei werteten diverse EMail-Programme die Originalnachricht jedoch nicht so aus, wie die Techniker der GMD das vorhergesehen hatten, sondern sendeten die Antwort direkt an den List-Server in St. Augustin. Dieser verteilte die Antworten automatisch wieder an alle Adressen auf der Liste. Daraufhin reagierten dann auch die Empfänger, welche die erste Nachricht ignoriert hatten, und versuchten die lästige EMail-Liste abzubestellen. Lawinenartig wuchs die Flut von Abbestellungen an, die bis heute morgen durchs Internet geisterte. Erst als sich jemand in St. Augustin erbarmte und den List-Server abstellte, trat wieder Ruhe ein. Man habe das Problem so spät erkannt, erläuterte Andreas Osterfelt als zuständiger Techniker gegenüber c't, da man selbst nicht auf der Liste eingetragen sei.

Dieses Glück war einem Texaner nicht beschieden, der die GMD darauf hinwies, daß in seinem und weiteren US-Bundesstaaten das Versenden von unerwünschten Massen-EMails unter Strafe stehe. Er empfahl mit einem Augenzwinkern, den EMail-Server "pronto" zu stoppen, bevor Fahndungsbilder von GMD-Mitarbeitern in allen US-Postämtern ausgehängt würden - nicht als gesuchte Cyber-Terroristen, sondern als Cyber-Idioten. Das ist harte Kritik an dem illustren deutschen Forschungszentrum, in dessen Aufsichtsrat der Ministerialdirektor Dr. Werner Gries aus dem Bundesforschungsministerium (BMBF) den Vorsitz führt. Zerknirscht äußert sich auch der Verantwortliche beim WDR, Roland Ernst: "Ein Schnitzer, den man nicht wieder gut machen kann." Ob allerdings seine Idee so gut ist, allen Betroffenen eine Entschuldigung per EMail zuzusenden, sei dahingestellt ... (ad)