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GNU/Hurd, die Geschichte ohne Ende

Jürgen Schmidt

Der Gründer des GNU-Projekts Richard Stallman hat bekannt gegeben, dass die Version 1.0 des Betriebssystems GNU/Hurd dieses Jahr doch nicht mehr erscheinen wird.

Laut InfoWorld [1] hat der Gründer des GNU-Projekts [2] Richard Stallman bekannt gegeben, dass die Version 1.0 des Betriebssystems GNU/Hurd [3] doch nicht mehr wie angekündigt dieses Jahr erscheinen wird. Die Gründe dafür seien technischer Natur. So unterstütze GNU/Hurd bisher keine Partitionen mit mehr als zwei GByte und habe Probleme mit schneller I/O auf seriellen Schnittstellen. Ohne diese Features sei man nicht bereit für eine Version 1.0. Ein neues Release-Datum wollte Stallman jedoch nicht nennen.

Sollte es tatsächlich irgendwann ein offizielles Release von Hurd geben, kann das Betriebssystem sicher auf die längste Design- und Entwicklungsphase aller Zeiten zurückblicken. Schon die Gründung des Projekts "GNU's Not Unix" 1984 erfolgte mit dem Ziel, ein komplettes Unix-ähnliches, freies Betriebssystem zu entwickeln. Spätestens seit 1990 stand fest, dass der Kern auf einem Mach-Microkernel beruhen soll, den zusätzliche Server-Prozesse -- eine "Herde von Gnus" -- zu einem vollständigen Betriebssystem ergänzen. Damit orientierte sich das GNU-Projekt an der in den 90ern populären Ansicht, schlanke Microkernel seien dem monolitischen Design herkömmlicher Systeme überlegen. Sie kulminierte 1992 in einer legendären Auseinandersetzung [4] zwischen Andrew Tanenbaum und Linus Torvalds, die der Betriebssystem-Guru Tanenbaum mit einem Posting "Linux is obsolete" in der News-Gruppe comp.os.minix erröffnete. Torvalds ließ sich nicht beirren und entwickelte Linux weiter.

Konsequenterweise ignorierte Stallman das freie Betriebssystem Linux jahrelang und hielt an Hurd als dem GNU-Betriebssystem fest. Erst als sich der Erfolg von Linux nicht mehr leugnen ließ, änderte er seine Position und prägte 1997 den Begriff GNU/Linux [5], der den Anteil des GNU-Projekts an einem benutzbaren, freien Betriebssystem dokumentieren sollte. Doch auch seitdem steht die Veröffentlichung von GNU/Hurd eigentlich immer direkt bevor. (ju [6])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-70211

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.infoworld.com/articles/hn/xml/02/11/06/021106hngnudelay.xml?s=IDGNS
[2] http://www.gnu.org
[3] http://www.gnu.org/software/hurd/hurd.html
[4] http://www.oreilly.com/catalog/opensources/book/appa.html
[5] http://www.gnu.org/gnu/linux-and-gnu.html
[6] mailto:ju@ct.de