Heftiger Streit um Mozillas Webbrowser-Abkömmling Firebird

Die Entscheidung der Mozilla-Entwickler, den Webbrowser Phoenix künftig Firebird zu nennen, spaltet die Open-Source-Gemeinde.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Es hätte alles so schön sein können: Die Mozilla-Entwickler stellen eine neue Roadmap vor, die unter anderem auch der Kritik am aufgeblähten und umständlichen Code des Open-Source-Projekts für eine komplette Web-Suite begegnen soll. Die als besonders schlanke und einfach zu wartende Ableger gestarteten Phoenix (Web-Browser) und Minotaur (E-Mail-Client) sollen die wichtigsten Nachfolger der komplexen Web-Suite werden. Ein Vorhaben, das anscheinend nicht nur diejenigen begeistert, die es ausgebrütet haben: Die Entwickler, Nutzer und interessierten Beobachter scheinen es ebenfalls zu begrüßen. Zumindest, wenn man der Abstimmung bei mozillaZine glaubt: Insgesamt 88 Prozent derjenigen, die abstimmten, unterstützen die neue Roadmap voll oder zumindest grundsätzlich, mit nur einzelnen Bedenken.

Dann aber kam der Klopfer, der offensichtlich zu größeren Turbulenzen nicht nur in der Mozilla-Community, sondern in der gesamten Open-Source-Gemeinde führte: Der Webbrowser Phoenix soll in Zukunft Firebird heißen, der E-Mail-Client Thunderbird. Die Namensänderung zumindest für den Browser war notwendig geworden, da der BIOS-Hersteller Phoenix auf Grund des Markenrechts Einspruch erhob. Während aber mittlerweile erste Versionen des E-Mail-Clients unter dem Namen Thunderbird freigegeben wurden und der Name zumindest juristisch nicht umstritten ist, gibt es mit dem Webbrowser Firebird massiven Ärger. Schon bei der Ankündigung der Umbenennung gab es Bedenken, da ein Open-Source-Projekt gleichen Namens existiert: Die relationale Datenbank Firebird basiert auf Borlands Interbase-Technik.

Die Mitglieder des Datenbank-Projekts -- ironischerweise heißt die Organisation, die unter anderem die Website für Interbase- und Firebird-Entwickler betreibt, IBPhoenix -- zeigten sich erbost über das Vorhaben der Mozilla-Entwickler: Die Namenswahl sei eine schlechte Idee, da sie zu Verwirrung führe -- zumal eine Datenbank und ein Webbrowser oft in den gleichen Anwendungen eingesetzt würden. Das Recht sei auf Seite des Datenbank-Projekts: Man benutze den Namen schon seit drei Jahren. Und von juristischen Argumenten abgesehen sei das Vorgehen der Mozilla-Entwickler ein "Schlag ins Gesicht der gesamten Open-Source-Gemeinschaft" und entspreche nicht deren grundsätzlichen Werten. Asa Dotzler vom Mozilla-Projekt, der die Namensänderung angekündigt hatte, meinte dagegen in einem ersten Statement lapidar, die Möglichkeit, dass jemand einen Webbrowser mit einer Datenbank verwechsle, sei verschwindend gering.

Nachdem die Entwickler des Firebird-Datenbankprojekts zuerst zu massenhaften Postings in Mozilla-Foren und E-Mails an alle Projektmitglieder aufriefen, schränkten sie ihre Protestaktionen mittlerweile etwas ein. "Your voice has been heard", teilen sie den Protestlern mit und meinen, man solle nunmehr gegenüber den Verantwortlichen (Mitchell Baker, "chief lizard wrangler" bei Mozilla, und Asa Dotzler, "community quality advocate extraordinaire") seinen Protest gezielt äußern. Und dabei auch die Form wahren: Offensichtlich vergriffen sich einige empörte Anhänger der Firebird-Datenbank im Ton.

Wie der Streit ausgeht, ob die Mozilla-Entwickler sich noch einmal einen neuen Namen suchen oder es auf eine Auseinandersetzung mit dem Datenbank-Projekt ankommen lassen, steht momentan noch in den Sternen: Eine weitere Reaktion aus den Kreisen des Mozilla-Projekts steht noch aus. Unter den Kommentatoren bei mozillazine.org sind die Meinungen zwar geteilt, die bisherigen Ergebnisse einer Umfrage zu dem neuen Namen sprechen aber eine deutliche Sprache: Gerade einmal 24 Prozent der Teilnehmer sprechen sich für "Firebird" als neuen Namen für den Browser aus oder erklären, ihnen sei er egal. 28 Prozent dagegen mögen den Namen nicht, 22 Prozent erklären explizit, man hätte nicht denselben Namen wie den des Datenbank-Projekts wählen sollen. (jk)