Hololens 3: Microsofts AR-Brille steht laut Bericht vor dem Aus

Bei Microsofts AR-Abteilung brodelt es offenbar hinter den Kulissen: Einem Bericht zufolge soll die geplante Entwicklung der Hololens 3 gestoppt werden.

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(Bild: c't; jkj)

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Erst im Mai 2021 bekräftige Microsofts Leiter der Mixed-Reality-Abteilung Alex Kipman, dass eine neue Augmented-Reality-Brille für Konsumenten in Planung sei. Mittlerweile scheint das nicht mehr sicher: Das US-Medium Business Insider hat von über 20 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern erfahren, dass die Hololens 3 eingestampft wurde.

Eine unklare Ausrichtung habe zu zahlreichen internen Konflikten geführt, schreibt Business Insider. Ein Blick auf LinkedIn-Profile zeige, dass mindestens 25 von Microsofts Mixed-Reality-Mitarbeitern zum Konkurrenten Meta gewechselt seien, inklusive Unternehmens-Veteranen wie Don Box oder Dave Reed.

Microsoft selbst dementiert die Gerüchte um die Einstellung der Hololens 3 nur zaghaft: Hololens bleibe "ein wichtiger Teil der Pläne aufkommender Kategorien wie Mixed Reality und dem Metaverse", sagte Unternehmenssprecher Frank Shaw. "Wir haben uns weiterhin der HoloLens und künftigen Hololens-Entwicklungen verschrieben."

Microsoft arbeitet schon seit Längerem an transparenten Augmented-Reality-Brillen (AR), die Computergrafik über das Bild der realen Welt projizieren. Schon mit der ersten Hololens aus dem Jahr 2016 konnte man sich HUD-Elemente und andere Grafiken in die Umgebung einblenden lassen. Die ersten zwei Modelle richteten sich allerdings an Unternehmen, was sich bei der HoloLens 2 in einem Preis von rund 3.500 Euro pro Einheit niederschlägt.

Passend dazu stand in den vergangenen Jahren ein militärischer Einsatz im Fokus. Im April 2021 sicherte sich das Unternehmen einen Vertrag über 21,88 Milliarden Dollar mit der US-Army. Doch auch bei den speziell auf Soldaten zugeschnittenen Hololens-Modellen stockte die Entwicklung. Laut Bloomberg gab das Pentagon Ende Januar bekannt, dass das System "noch nicht die Fähigkeit demonstriert hat, als Brille für den Kampfeinsatz zu dienen".

Nach Konflikten um Microsofts AR-Zukunft sei die Entwicklung der Hololens 3 schon Mitte vergangenen Jahres eingestampft worden, berichtet nun Business Insider. Stattdessen sei Microsoft eine neue Kooperation mit Samsung eingegangen, um gemeinsam eine andere Mixed-Reality-Brille zu entwickeln.

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Die Zusammenarbeit mit dem Elektronikkonzern sorge intern aber für viel Kritik und Verwirrung. Einerseits sei Microsoft zögerlich dabei, die eigene Display-Technologie aufzugeben. Samsung dagegen sehe sich in einer besseren Position, die Massenproduktion der Hardware zu übernehmen – und würde Microsofts Beitrag an der gemeinsamen Brille lieber auf die Software beschränken. Eine Person bezeichnete das Hickhack der Partnerschaft gegenüber Business Insider als "Shit Show". Einige Microsoft-Mitarbeiter würden es vorziehen, das Samsung-Projekt auf ein Minimum zu reduzieren oder abzublasen, um sich endlich wieder auf eigene Projekte konzentrieren zu können, sagte einer der anonymen Gesprächspartner.

In anderen Teilen des Unternehmens scheinen die hauseigenen Hololens-Projekte aber ebenfalls nicht die größte Unterstützung zu genießen. Ein ehemaliger Angestellter schätze, dass sich die erste Hololens insgesamt nur 40.000 bis 60.000 Mal verkauft habe. Selbst bei einem Preis von rund 3.500 Dollar sei das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein für Microsoft mit seinen 168 Milliarden Dollar Jahresumsatz. Vor allem Chief Financial Officer Amy Hood mache der Abteilung Druck, sich auf profitablere Bereiche zu konzentrieren. Microsofts Marketing-Chef Chris Capossela habe das Headset intern sogar als nettes Gadget für Promotionsvideos abgestempelt: Geschäftlich sei das Gerät nicht mehr als ein "Rundungsfehler", soll Capossela bei einer Konferenz gesagt haben.

Microsofts CEO Satya Nadella wiederum konzentriere sich vor allem auf die Mixed-Reality-Plattform Mesh, die er als passende Software-Plattform für das derzeit oft beworbene "Metaverse" sieht. Mithilfe von Microsoft Mesh treffen sich schon aktuell Nutzerinnen und Nutzer verschiedener VR-Brillen, AR-Systeme und klassischer Geräte in virtuellen Räumen, um dort gemeinsam an 3D-Modellen und anderen Dingen zu arbeiten. Wie bei Microsofts älterer Erfolgsgeschichte Windows spielt auch bei Mesh die Software die entscheidende Rolle – und nicht die Hardware. Laut dem Bericht des Business Insiders hat auch ein ehemaliger Mitarbeiter bestätigt, dass Microsoft künftig vom Thema Hololens auf "finanziell tragbare" Konzepte umschwenken wolle.

Gegen eine Hololens 3 dürfte auch sprechen, dass transparente AR-Brillen derzeit allgemein einen schweren Stand haben. VR-Platzhirsch Meta (vormals Facebook) etwa arbeitet stattdessen am Premium-Headset Cambria, das nicht nur Virtual Reality, sondern auch Augmented Reality per Video-Durchsicht ermöglicht. Die vorderen Kameras filmen dabei die Umgebung und zeigen dem Nutzer das Bild der Außenwelt, das perspektivisch korrekt mit Computergrafik angereichert wird. Das Kickstarter-Projekt Lynx R-1 funktioniert ähnlich. Auch Google und Apple arbeiten laut Gerüchten an vergleichbaren Video-AR-Brillen.

Transparente AR-Headsets wie von Magic Leap haben nach wie vor mit größeren technischen Herausforderungen zu kämpfen. Dazu gehören vor allem der Formfaktor, die Hitzeentwicklung sowie das Sichtfeld, das im Vergleich zu VR-Brillen nach wie vor sehr klein ausfällt. Selbst bei der kommenden Magic Leap 2 bedecken die ins Bild eingeblendeten Grafiken voraussichtlich nur rund 70 Grad, bei der Hololens 2 sind es sogar nur 52 Grad.

(dahe)