IGF: Deutschland präsentiert sich als "Land der Ideen"

Mit einem Sammelband präsentiert sich Deutschland auf dem Internet Governance Forum in Rio de Janeiro als "Gastgeber" zahlreicher Ideen für die künftige Gestaltung und Ausweitung internationaler Netze.

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Von
  • Monika Ermert

Ein Buch zu den Hauptthemen des in Rio de Janeiro tagenden Internet Governance Forum (IGF) – Zugang, Offenheit, Sicherheit, Vielfalt, kritische Internetinfrastrukturen – wollte die deutsche Delegation im Konferenzpackage jedes Teilnehmers platzieren. Aber der von Wolfang Kleinwächter, Netzordnungsexperte und Special Advisor des IGF-Vorsitzenden Nitin Desai, herausgegebene Band mit dem Titel "The Power of Ideas: Internet Governance in a Global Stakeholder Environment" blieb erst einmal beim brasilianischen Zoll hängen. Der war im Streik und zunächst auch mit guten Worten nicht zu überzeugen, die angelieferten Kisten herauszurücken. Seit gestern abend liegt das unter Schirmherrschaft des deutschen Bundespräsidenten herausgegebene Werk nun aber doch vor.

Das "Land der Ideen" präsentiert darin wenig eigene Einfälle, dafür solche des französischen Regierungsvertreters Bertrand de la Chapelle, des russischen Regierungsvertreters Michael Yakushev, des Internet-Pioniers Vint Cerf, des Generalsekretärs der International Telecommunication Union (ITU), Hamadoun Touré und einer ganzen Reihe bekannter Aktivisten von Nichtregierungsorganisationen, etwa die Köpfe der Association for Progressive Communication (APC), Anriette Esterhuysen und William Currie. Esterhuysen und Currie liefern praktische Empfehlungen dazu, wie sich die Zivilgesellschaft für das Ziel einsetzen kann, um das es beim IGF nicht zuletzt geht: Zugang zum Netz für die nächste Milliarde Menschen.

Dazu gibt es auch ziemlich praktische Vorschläge und Pläne, etwa die, ganz Peking bis 2012 mit einem Wireless-Netz zu versehen. Dabei will man laut Kaili Kan von der University of Post and Telecommunication Beijing ganz "multistakeholder-mäßig" vorgehen. Das die Millionenstadt überspannende Netz soll "von der Regierung geführt (werden), und aufgebaut vom Volk", lautet die Devise. Unternehmen, soziale Einrichtungen, selbst Privatleute mit Breitbandzugang, können ihre Ressourcen einbringen und sollen dann auch von den Vorteilen profitieren, etwa die Vorteile von VoIP und Skype von allen Punkten der Stadt aus. Sie alle werden, so schreibt Kan, Mitglied der "Peking Wireless Kommune". Auch für Gäste soll es Zugang zu diesem Netz geben. Zur inhaltlichen Kontrolle durch den "führenden Staat", die einmal mehr in einigen Veranstaltungen in Rio angeprangert wurde, sagt Kan nichts.

Weitere interessante Beiträge befassen sich mit der Krise der Nutzeridentität im Internet und den künftigen "Schlachten" im Bereich der globalen Ordnung des Netzes. Bewusst, sagt Herausgeber Wolfgang Kleinwächter, habe sich Deutschland praktisch als "Gastgeber" für eine Menge Ideen präsentiert. Schlussfolgerungen wolle man nicht ziehen, diese seien Gegenstand der fortgesetzten Debatten. Wem die erwarteten 300.000 Seiten Protokoll des laufenden IGF einfach zu viel zum Nachlesen werden, bekommt hier einen Überblick, worüber gestritten werden muss. "The Power of Ideas" soll laut dem Herausgeber auch online verbreitet werden. (Monika Ermert) / (vbr)