IMAX wird digital: Hausmannskost statt High-End

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Von
  • Jan-Keno Janssen

Die für ihre hochauflösenden Projektionen bekannte IMAX Corporation setzt künftig auf digitale Kinotechnik: Langfristig sollen alle mit IMAX-Equipment ausgestatteten Kinosäle mit Digitalprojektoren bestückt werden. Die ersten drei digitalen IMAX-Kinos (eines in Baltimore, zwei in Washington) nehmen in diesem Monat den Betrieb auf, zwei weitere folgen im August.

Bislang ging man in Fachkreisen davon aus, dass die Kanadier Projektoren mit 4K-Auflösung (4096 x 2160 Pixel) einsetzen würden – doch statt auf High-End-Technik setzt man auf Hausmannskost: IMAX will Kino-Beamer mit 3-Chip-DLP-Technik und einer Auflösung von 2K (2048 x 1080 Pixel) installieren. Das ist dieselbe Geräteklasse, die auch bei den allermeisten konventionellen Digitalkinoinstallationen zum Einsatz kommt. Auch Full-HD-Heimkino-Beamer schaffen mit ihren 1920 x 1080 Bildpunkten knapp 2K-Auflösung.

Experten wundern sich über die IMAX-Pläne: war die extrem hohe Auflösung doch das Alleinstellungsmerkmal der Edelkinos. Die Bildfläche des bislang verwendeten analogen 70-mm-IMAX-Formats (15 Perforationslöcher pro Bild, horizontal geführt) ist rund zehnmal größer als die eines konventionellen 35-mm-Films (vertikal geführt, 4 Perforationslöcher). Außerdem nutzen die meisten IMAX-Kinos einen anderen Aufbau als normale Kinosäle: Die gigantischen Leinwände erstrecken sich meist über die komplette Vorderwand des Kinosaals, wodurch das Bild über das gesamte Blickfeld reicht. Einige IMAX-Kinos setzen auf Kuppeln als bis zu 1000 Quadratmeter große Projektionsflächen.

Zudem bieten IMAX-Kinos eine hellere Projektion als konventionelle Lichtspielhäuser. Zumindest dieses Unterscheidungsmerkmal will die IMAX Corporation auch in die digitale Welt überführen: Beim digitalen IMAX-Kino werden zwei 2K-Projektoren parallel eingesetzt und die Bilder überlagert projiziert. Dadurch soll das Bild heller und brillanter wirken als bei der Projektion mit einem einzelnen Kino-Beamer. Zudem setzt IMAX ein eigenes Bildoptimierungsverfahren ein. Wie dieses jedoch genau funktionieren soll, ist bislang noch unklar.

Riesiger Unterschied: Das konventionelle 35-mm-Filmformat (rechts) ist im Vergleich zum IMAX-70-mm-Format (links) wesentlich schmaler, zudem sind die Bilder horizontal statt vertikal angeordnet. Resultat: Das IMAX-Format bietet rund zehnmal mehr Bildinformationen. Nun will IMAX auf digitale Projektion mit nur 2K-Auflösung umsteigen.

Der von den Kanadiern propagierte Helligkeitsvorteil erweist sich bei genauerem Hinsehen ohnehin als schlichte Notwendigkeit. Viele IMAX-Kinos zeigen fast ausschließlich 3D-Material (so auch drei der fünf IMAX-Kinos in Deutschland) – und bei stereoskopischer Projektion geht durch Polarisatoren oder Shutterbrillen mindestens die Hälfte des Lichts verloren, weshalb man die großen IMAX-Leinwände mit einem einzelnen Projektor wohl nur ungenügend ausleuchten könnte (siehe auch S. 72 in c't 16/08).

Ohne Zweifel bietet die Digitalisierung immenses Einsparungspotenzial: Eine 40-minütige IMAX-70-mm-Filmkopie kostet rund 20 000 US-Dollar. Bei einem 3D-Film ist es sogar doppelt so viel, da man für jedes Auge eine separate Kopie benötigt. Digitale IMAX-Filme können dagegen auf einer handelsüblichen Festplatte statt auf riesigen Filmrollen ausgeliefert werden. Das Unternehmen hofft, dass durch die kostengünstigere Technik mehr Kinobetreibern die Einrichtung eines IMAX-Saal innerhalb ihrer Kinos schmackhaft gemacht werden kann.

Insgesamt gibt es 298 IMAX-Kinos in 40 Ländern. Hierzulande kann man IMAX-Filme in Berlin, Sinsheim (beides Flachleinwände), im Phantasialand Brühl, in Speyer (beides Kuppel) sowie in Nürnberg (Kuppel und Flachleinwand) bewundern – (noch) in analoger Projektion. (jkj)