Internetsucht und psychische Störungen

Nach einer Studie taiwanischer Wissenschaftler steigt das Risiko für Internetsucht vor allem bei Vorliegen von Aufmerksamkeits- und Aggressionsstörungen.

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Von
  • Florian Rötzer

Ob es Internetsucht überhaupt als psychische Störung gibt oder man eher von problematischer Internetnutzung sprechen solte, ist weiterhin umstritten. Bislang gibt es keine allgemein akzeptierten Kriterien für eine Diagnose. Als Anzeichen für Internetsucht werden etwa Rückzug, mangelnde Impulskontrolle, Stimmungsschwankungen oder exzessive und nicht mehr steuerbare Nutzung des Internet angeführt. Vermutungen gehen davon aus, dass zwischen 1,4 und 17,9 Prozent der Jugendlichen internetsüchtig sind oder zumindest Symptome zeigen. Internetsucht wird verbunden mit Problemen in der schulischen Leistung, mit den familiären Beziehungen und allgemein der emotionalen Befindlichkeit der Jugendlichen.

Neben der Unsicherheit über Existenz der Internetsucht ist auch unbekannt, ob eine problematische Internetnutzung mit zugrunde liegenden psychischen Störungen verbunden ist. In Untersuchungen gibt es beispielsweise Hinweise, dass mit exzessiver Internetnutzung das Risiko für Depressionen steigen könnte. Taiwanische Wissenschaftler haben, wie sie in den Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine berichten, zufällig ausgewählte Schülerinnen und Schülern der siebten Klasse einen psychologischen Test ausführen lassen, mit dem eine Internetabhängigkeit erfasst werden soll. Daneben mussten sie weitere Tests beantworten, um herauszubekommen, ob sie unter der Aufmerksamkeitsstörung, unter Depression, Angst und Aggressionsstörungen leiden.

Von den Schülern (1.179 Jungen und 1.114 Mädchen mit dem Durchschnittsalter von 12,3 Jahren an Gymnasien in der Stadt und auf dem Land ) wurden 233 (10,8%) als internetsüchtig diagnostiziert. Jungen, die online spielen, das Internet Tag und Nacht nutzen und mehr als 20 Stunden in der Woche online sind, haben nach Auswertung des psychologischen Tests ein erhöhtes Risiko. Bei Jungen und Mädchen würde das Vorliegen von Depression, Sozialphobie, Aufmerksamkeitsstörung (ADHS) und Aggressionsstörungen ein erhöhtes Risiko für Internetabhängigkeit ergeben, bei den Jungen ist es nur mit ADHS und Aggressionsstörungen verbunden. Als wichtigster Faktor für Jungen und Mädchen wird ADHS genannt. Das sei auch nachvollziehbar, sagen die Wissenschaftler, weil ADHS bedeute, dass man schnell gelangweilt sei und eine unmittelbare Belohnung erwarte. Das seien eben auch die Kennzeich des Internetverhaltens: schnelle Reaktion, unmittelbare Belohnung und Multitasking. Und auch Aggression werde im Internet, vor allem durch Online-Spiele, gefördert. Die Wissenschaftler schlagen vor, besonders Jugendliche mit ADHS genauer zu beobachten, um Internetsucht frühzeitig zu vermeiden..

Dazu siehe auch in Telepolis:

(fr)