Kamera-Handys werden auch von Spannern genutzt

Wenn Steffi Graf mit einem Knopfdruck auf ihr neues Kamera-Handy den Beweis für die Existenz des Yeti liefert, nimmt daran niemand Anstoß. Doch die schöne neue Handywelt hat auch ihre Schattenseiten.

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Von
  • Tobias Schormann
  • dpa

Wenn Steffi Graf mit einem Knopfdruck auf ihr neues Kamera-Handy den Beweis für die Existenz des Yeti liefert, nimmt daran niemand Anstoß. Schnappschüsse im Handumdrehen aufnehmen und per Knopfdruck in alle Welt versenden -- die Möglichkeiten neuer Multimedia-Telefone werden in der Werbung als harmloser Spaß gepriesen. Doch die schöne neue Handywelt hat auch ihre Schattenseiten: Voyeure nutzen die Technik für ihre Zwecke.

Im Internet wimmelt es von den heimlich gemachten Spanner-Fotos. Erfahren die Fotografierten doch irgendwie von den Aufnahmen, haben sie eher schlechte Karten, sich gegen ihre unfreiwillige Berühmtheit zu wehren. Die Veröffentlichung der Bilder im Internet lässt sich kaum nachverfolgen. Doch der Deutsche Bundestag berät derzeit über ein neues Gesetz, mit dessen Hilfe den Handy-Paparazzi das Handwerk gelegt werden soll.

"Im Internet werden zunehmend Bildaufnahmen von Personen veröffentlicht, die weder von der Aufnahme noch von der Veröffentlichung Kenntnis haben. In speziellen Foren für triebgesteuerte Voyeure werden Abbildungen von heimlich aufgenommenen unbekleideten Menschen in Privatwohnungen, Umkleidekabinen oder öffentlichen Toiletten verbreitet", sagt die Justizministerin Baden-Württembergs, Corinna Werwigk-Hertneck (FDP). Das heimliche Beobachten oder Filmen des Opfers könnten Staatsanwaltschaften und Gerichte bislang nicht ahnden. Doch jeder Mensch habe das Recht auf einen persönlichen Rückzugsraum, um sich unbeobachtet frei bewegen zu können. Dieses sei durch moderne Entwicklungen wie den Handys mit eingebauter Kamera einer ständig wachsenden Bedrohung ausgesetzt.

Zahlreiche Internetseiten im In- und Ausland werben sogar mit ihren heimlich aufgenommenen Bildern -- die Fotos der Voyeure sind auf Erotikseiten äußerst gefragt. Knapp vier Millionen Seiten verzeichnet die Suchmaschine Google allein unter den Spanner-Begriffen "upskirt" und "downblouse", welche Bilder bezeichnen, bei denen unter den Rock oder in den Ausschnitt von Frauen fotografiert wurde. Hinzu kommen "Hass-Seiten", auf denen zum Beispiel Exfreunde intime Fotos ihrer verflossenen Liebe zur Schau stellen. Doch nicht nur auf den erotischen Bereich beschränkt sich die Spannerlust: Auch für Bilder, in denen Menschen in peinlichen Situationen zu sehen sind, finden sich eigene Webseiten.

"Wer Aufnahmen ohne die Einwilligung des Abgelichteten veröffentlicht, macht sich grundsätzlich bereits jetzt nach dem Kunsturhebergesetz strafbar", sagt Rechtsanwalt Jens Barkemeyer aus Köln. Allerdings sei die Veröffentlichung der Bilder im Internet für die Leidtragenden nur schwer nachprüfbar.

"Dabei ermöglichen es technische Entwicklungen wie etwa Multimedia-Handys mit eingebauter Kamera, Bilder von Menschen unbemerkt aufzunehmen und sogar weltweit zu verbreiten, ohne dass der Einzelne dies je wahrnimmt, geschweige denn seine Zustimmung geben könnte", sagt Joachim Jacob, Bundesbeauftragter für den Datenschutz in Bonn. Hinzu komme, dass die heimliche Aufnahme eines Fotos an sich nicht unter Strafe gestellt sei.

Während der Paragraf 201 des Strafgesetzbuches heimliche Ton-Aufnahmen verbietet, seien unbemerkte Bildaufnahmen hier nicht erfasst, erklärt Rechtsanwalt Barkemeyer. Ein Voyeur, der seine Aufnahmen lediglich für den privaten Gebrauch macht, könne bislang strafrechtlich nur belangt werden, wenn seine Tat vom Gericht als Beleidigung gegen den Betroffenen anerkannt wird.

Derzeit werden in den Ausschüssen des Bundestages Gesetzesinitiativen der CDU und FDP zur Einführung eines neuen Paragrafen 201a des Strafgesetzbuches beraten, das Land Baden-Württemberg hat zusätzlich eine entsprechende Initiative im Bundesrat eingebracht. Nach dem neuen Gesetz soll bereits das ungefragte Fotografieren und Beobachten strafbar werden. "Demnach könnten Betroffene sofort die Polizei rufen, wenn sie einen Voyeur mit der Kamera auf frischer Tat ertappen", so Barkemeyer.

Bezüglich der Fotos im Internet kämen die rechtlichen Regelungen allerdings nur dann zum Tragen, wenn nachweisbar ist, wer die betreffenden Personen auf den Bildern sind. Die Taten könnten nur dann verfolgt werden, wenn das Opfer einen Strafantrag stelle. Voyeure, die zum Beispiel unerkannt unter den Rock einer nicht identifizierbaren Frau fotografierten, kämen so ungestraft davon.

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Hansjürgen Garstka, sieht in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2002 aber auch die Anbieter von Kamera-Handys in der Pflicht, etwas gegen Voyeur-Fotos zu unternehmen: "Die Hersteller sollten das ihre dazu tun, dass solche heimlichen Aufzeichnungen gar nicht erst möglich gemacht werden." Im Falle der Videoaufzeichnung und des Fotografierens solle der Aufzeichnungsvorgang durch einen Warnton signalisiert werden, fordert der Experte. (Tobias Schormann, dpa) / ()