Kanonisches Nein zu .sex

Die Standardisierungsorganisation Internet Engineering Task Force hat nun "ein für alle Mal" ihre Haltung zu speziellen Top Level Domains wie .sex dargestellt.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die Idee, das Internet über das Domain Name System zu filtern, ist der Internet Engineering Task Force (IETF) schon lange ein Dorn im Auge. Jetzt hat die Standardisierungsorganisation einen Request for Comment (RFC) publiziert, in dem sie eine mögliche .sex-Domain als gefährlich bezeichnet. Der RFC soll dokumentieren, dass mit der Domain nicht das eigentliche Ziel erreicht werden kann, teilte der IETF-Vorsitz Harald Tveit Alvestrand mit. "Wir haben das in den vergangenen zehn Jahren so ungefähr alle sechs Monate wiederholt und der Autor Don Eastlake meinte, dass es Zeit für eine kanonische Entscheidung ist, damit wir das nicht ständig wiederholen müssen."

Vor allem in den USA war mehrfach von Politikern vorgeschlagen worden, eine spezielle Porno-Top-Level-Domain wie .sex oder .xxx einzuführen. Für Kinder und Jugendliche könnten Domains dieses Adressbereichs dann leicht ausgefiltert werden, so die Vorstellungen der Politiker. Das zentrale Gegenargument von Eastlake ist simpel: An der Frage "Porno oder nicht" scheiden sich die Geister. Jeder Mensch, jedes Gericht, jede Regierung hat da eigene Vorstellungen. Die Einrichtung einer globalen .sex-Domain würde dagegen nur die eher konservative Auffassung des US-Gesetzgebers widerspiegeln.

Eastlake warnt auch davor, dass es später zu weiteren "Ghettos" kommen könnte wie solche für Gewaltdarstellungen, Drogen oder gar "politisch Unkorrektes". Diese könnten im Extremfall das DNS explodieren lassen, da Anbieter ihre Inhalte auf verschiedene Adressbereiche verteilen müssten. Jede Regierung habe dafür sicher eine eigene, mehr oder weniger global mehrheitsfähige Wunschliste. Die US-Regierung hat sich mit kids.us zum Beispiel einen ersten Wunsch erfüllt, auf eine globale .kids hat man dabei wohlweislich verzichtet. Die Filterung per DNS würde aber auch durch geteilte IP-Adressen und die Unmöglichkeit der Zuteilung von IP-Adressen nach "Ghetto-Zugehörigkeit" technisch versagen. Schließlich ließen sich Mailversand, Newsgruppen oder Chats noch weniger einem Inhalteregime unterwerfen.

Das Verdikt kommt gerade rechtzeitig vor der neuen Ausschreibungsrunde für neue spezialisierte Top Level Domains, für die die Bewerbungsfrist in der Nacht zum Montag ausgelaufen ist. Noch gibt es keine offizielle Bewerberliste; und die kanadische ICM, die seit längerem Lobbyarbeit für eine .xxx-Domain macht, bastelt im Moment an einem neuen Auftritt. Alvestrand ist aber sicher, dass es auf jeden Fall "zu viele" Bewerber für .sex geben wird. Spannend wird nun sein, inwieweit ICANN sich auf den verabschiedeten RFC beruft. (Monika Ermert) / (anw)