Kernel-Log: Entwickler-Statistik zu Linux 2.6.25, Statusbericht des Linux Driver Project

LWN.net analysiert ähnlich wie die jüngst veröffentlichte Studie der Linux Foundation die Kernel-Entwicklung. Das Linux Driver Project wollte kostenlose Treiber entwickeln, fand aber kaum Arbeit. Intel veröffentlicht WiMAX-Treiber für Linux.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Kaum hatte die Linux Foundation in der vergangenen Woche eine Studie zu den Hintergründen der Kernel-Entwicklung veröffentlicht, da legten die Mitautoren Jonathan Corbet und Greg Kroah-Hartmann auf LWN.net eine Auswertung der an der Linux-Version 2.6.25 beteiligten Entwickler und Firmen vor. Zu diesem eigentlich erst ab Donnerstag für Nicht-Abonnenten von LWN.net frei zugänglichen Artikel veröffentlichte Corbet nun selbst einen Zugang über das Blog des von ihm betreuten Linux Weather Forecast der Linux Foundation.

Bei der Auswertung auf Basis einer Vorabversion von 2.6.25 stehen diesmal andere Entwickler auf den vorderen Plätzen als die einen anderen Zeitraum betrachtende Studie der Linux Foundation. Der für das IDE-Subsystem zuständige Bartlomiej Zolnierkiewicz etwa hat es unter anderem durch viele Aufräumarbeiten im IDE-Code von 2.6.25 diesmal nach ganz vorne geschafft, wenn man die Zahl der Commits im Quellcodeverwaltungssystem zugrunde legt. Anders als in der Studie der Linux Foundation bietet der LWN.net-Artikel auch eine nach Anzahl der veränderten Quellcode-Zeilen sortierte Tabelle, in der der nicht ganz so bekannte Entwickler Jesper Nilsson vorne liegt und Zolnierkiewicz weit hinter sich lässt – Nilsson hatte im aktuellen Entwicklungszyklus zahlreiche Erweiterungen und Umstrukturierungen am Code für die CRIS-Architektur vorgenommen.

Die Spitzenplätze bei der Auswertung der hinter den Entwicklern stehenden Firmen ähneln denen der Linux-Foundation-Studie. An der Spitze der nach Commits oder Anzahl der veränderten Zeiten Quellcode sortierten Tabellen stehen mit zirka 15 Prozent jeweils Entwickler, die für ihre Linux-Mitarbeit keinen Lohn erhalten; ebenfalls weiter stark vertreten sind Red Hat und die Entwickler, bei denen Arbeitgeber oder Motivation nicht bekannt sind. Mit einigem Abstand und in anderer Reihenfolge als in der Studie der Linux-Foundation folgen Firmen wie Novell, IBM, Intel oder Freescale.

Der LWN.net-Artikel analysiert zudem, über welche Entwickler die Patches den Weg in den offiziellen Kernel fanden. Andrew Morton, David S. Miller und Ingo Molnar sind demnach die wichtigsten Gateways. Dass Red Hat zahlreiche wichtige Kernel-Entwickler unter Vertrag hat, zeigt sich in der zweiten Tabelle am Ende des Artikels – knapp ein Drittel der Patches fanden über beim umsatzstärksten Linux-Distributor beschäftigte Entwickler den Weg in den Kernel. Es folgen Google durch die Arbeit von Andrew Morton sowie die deutsche Firma linutronix.de durch die Arbeit von Thomas Gleixner. Wie schon zur Studie der Linux-Foundation von uns angeführt, sollte man die Zahlen und deren Analyse auf LWN.net mit Vorsicht betrachten. Das gibt auch ein Kommentator im Forum zum LWN.net-Artikel zu bedenken – dem Benutzernamen nach zu urteilen, handelt es sich dabei wohl um einen der Entwickler, der in der Auswertung eigentlich ganz ordentlich dasteht.

"Die Linux-Kernel-Community bietet allen Firmen die kostenlose Entwicklung von Linux-Treibern an" – so kündigte Greg Kroah-Hartman vor etwas über vierzehn Monaten das Linux Driver Project (LDP) an. Nun veröffentlichte der von Novell für die Arbeit im LDP freigestellte Kernel-Entwickler einen ausführlichen Statusbericht (Blog, Mailing-Liste) zum Stand des Projekts.

Das Projekt hat demnach etwa 300 interessierte Mitstreiter. Diese hätten bereits einige Treiber entwickelt, die in den offiziellen Linux-Kernel integriert wurden; an weiteren Treibern würde gearbeitet. Das größte Problem sei ein Mangel an Aufgaben; es hätte sich herausgestellt, dass es kaum Hardware gebe, die Linux nicht bereits unterstützt. Für fast jegliche neue Hardware entwickle der Hersteller selbst Treiber oder unterstütze die Linux-Community bei der Arbeit. Grafikkarten und WLAN-Hardware seien aber noch zwei Problemfelder; es gebe immense Anstrengungen, die Situation zu verbessern.

Im WLAN-Bereich sei das Ziel von einigen Ausnahmen bald erreicht – damit spielt er wohl auf die zahlreichen in Linux 2.6.24 integrierten Verbesserungen für die WLAN-Unterstützung an, die in Linux 2.6.25 mit weiteren Änderungen an Treibern und WLAN-Stack sowie zusätzlichen Treibern weiter optimiert wird. Die Hauptaufgabe des Projekts sei laut Kroah-Hartman nun, Hardware-Hersteller beim Umgang mit der Community zu schulen und diese bei der Integration von Treibern in den offiziellen Kernel zu unterstützen. Das Projekt sei aber weiter gewillt und offen, neue Treiber zu entwickeln, wo denn welche gebraucht würden. Bei diesen Aufgaben sollen die im vergangenen Jahr gewonnenen Erfahrungen helfen.

Intel hat über die neue Domain linuxwimax.org eine generische WiMAX-Basisinfrastruktur (WiMAX-Stack) für Linux sowie einen darauf aufbauenden Treiber für Intels WiMAX/WiFi Link 5050 (Echo Peak) veröffentlicht. Eine FAQ geht auf die Lizenzierung der noch experimentellen Teile der WiMAX-Unterstützung näher ein. Stack und Treiber unterstehen der GPLv2 und sollten somit prinzipiell akzeptabel für die Kernel-Entwickler sein. Die Firmware unterliegt der Intel Free Distribution Binary License – das sollte Distributionen, die bereits Intels WLAN-Firmware ausliefern, ermöglichen, auch die von der WiMAX-Hardware ausgeführte Firmware aufzunehmen. Der im Userspace arbeitende Intel WiMAX Network Service steht unter einer BSD-Lizenz. Der darauf aufbauende Intel WiMAX Supplicant liegt hingegen nur vorkompiliert vor – das dürften einige Kernel-Entwicklern und ausschließlich auf Open-Source-Software setzende Linux-Distributionen wohl gar nicht gerne sehen.

Kernel-Log-Staccato:

  • In den vergangenen Monaten hat Linus Torvalds RC- und Final-Versionen des Kernels häufig in der Nacht von Montag auf Dienstag veröffentlicht, bislang ist aber weder 2.6.25-rc9 noch die finale Version von 2.6.25 in Sicht.
  • Das HPLIP-Projekt hat die Version 2.8.4 des HP Linux Imaging and Printing System (HPLIP) veröffentlicht, das Treiber für eine Vielzahl von HP-Druckern und -Multifunktionsgeräten enthält. Neu ist unter anderem die Unterstützung für zwei Varianten des LaserJet M1120 sowie Treiber für die Serien OfficeJet J6400, Photosmart C4340 und Photosmart Pro B8800.
  • Mesa-3D 7.0.3 bringt einige Korrekturen für die die OpenGL-Spezifikation umsetzende Grafikbibliothek.
  • Die Gphoto-Entwickler haben die Version 2.4.1 der Bibliothek libgphoto2 veröffentlicht. Sie nutzen verschiedenen Programme zum Austausch von Bildern mit Kameras und anderen Multimedia-Geräten, die PTP (Picture Transfer Protocol), MTP (Media Transfer Protocol) oder proprietäre Kamera-Protokolle verwenden.
  • Der Entwicklerzweig des für Radeon-Grafikkarten geeigneten X.org-Treiberpakets ati kann die Leistungsaufnahme der mit R500- und R600-Chips ausgestatten Grafikkarten (Radeon X1000 und später) dank "Dynamic Clocks" nun etwas senken, wenn der Grafikchips nicht sonderlich belastet wird.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise Open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise Open. (thl)