Klagen gegen Wahlcomputer in den USA

In neun US-Bundesstaaten versuchen Bürgergruppen, die elektronische Stimmerfassung gerichtlich zu verhindern.

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Von
  • Richard Sietmann

In den USA spitzen sich die Auseinandersetzungen um Wahlcomputer wieder zu. Bei den Zwischenwahlen im November, in denen das Repräsentantenhaus, ein Drittel der Senatoren und 36 Gouverneure zur Neuwahl anstehen, sollen Schätzungen zufolge bereits vier von fünf Wählern ihre Stimmen an einem elektronischen Erfassungsgerät abgeben. Doch in mindestens neun Bundesstaaten sind die Gerichte angerufen worden, um den Einsatz der elektronischen Stimmerfassung zu untersagen. Am aktivsten geht dabei die in Berkeley ansässige Bürgerinitiative Voter Action vor, die von Juristen und namhaften Informatikern wie den Wahlmaschinen-Kritikern David Dill und Aviel Rubin unterstützt wird. Sie hat vier Klagen in Arizona, Colorado, Kalifornien und New Mexico eingereicht. Weitere Bürgergruppen prozessieren in Florida, Georgia, Ohio, Pennsylvania und Texas.

Die Aktionen sind eine Reaktion auf die überstürzte Beschaffung von Wahlcomputern, die der US-Kongress nach dem Debakel bei den Präsidentschaftswahlen des Jahres 2000 mit dem 2002 verabschiedeten Help America Vote Act (HAVA) initiierte, indem er den Staaten insgesamt 3,9 Milliarden Dollar zur Modernisierung der Stimmerfassung zur Verfügung stellte. Von HAVA profitieren vor allem die drei führenden Hersteller Diebold Election Systems in Ohio, eine Tochtergesellschaft des Bankautomatenherstellers Diebold Inc., Sequoia Voting Systems mit Sitz in Kalifornien und Election Systems & Software in Nebraska.

Einen Teilerfolg konnte Voter Action bereits erzielen. New Mexico stoppte das Beschaffungsprogramm für die beleglos arbeitenden Touchscreen-Systeme und verwendet wieder herkömmliche Papierstimmzettel, die künftig zur schnelleren Auszählung von Scannern gelesen werden. Daraufhin zogen die Aktivisten die Klage zurück. Erst im vergangenen Monat hatte eine Expertengruppe des Brennan Centers for Justice an der New York University in einer Studie die drei gebräuchlichsten Systeme als manipulations- und fehleranfällig bezeichnet. "Alle drei Stimmerfassungssysteme", heißt es in der detaillierten Analyse, "weisen gravierende Sicherheits- und Zuverlässigkeitsschwachstellen auf, die eine reale Gefahr für die Integrität von nationalen, Landes- und Kommunalwahlen darstellen". Das größte Risiko zur Wahlmanipulation würden Angriffe darstellen, die auf das Aufspielen korrumpierter Software zielen. (Richard Sietmann) / (jk)