Kurth sieht Reformbedarf bei der ITU

Matthias Kurth, Chef der Bundesnetzagentur, ist designierter europäischer Kandidat für die Nachfolge des ITU-Generalsekretärs. Er führte im Gespräch mit heise online aus, die Organisation könne beispielsweise ihre Standardisierungsarbeit verbessern.

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  • Monika Ermert

Der Terminkalender des Chefs der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, für den Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) ist vollgepackt. Kurth ist in Tunis auf Wahlkampftour, denn er ist der designierte europäische Kandidat der EU für die Nachfolge des Generalsekretärs der International Telecommunication Union (ITU). Staatssekretär Bernd Pfaffenbach nannte die Bewerbung in der offiziellen Rede der Bundesregierung einen deutschen Beitrag zur Bewältigung der Aufgaben des Gipfels.

Im Gespräch mit heise online sagte Kurth, er sehe durchaus Reformbedarf bei der ITU. "Bei der Standardisierungsarbeit zum Beispiel kann sie besser werden." Vor allem aber gelte es nach dem Gipfel zu zeigen, dass die ITU als Katalysator für die weitere Entwicklung und für ein Mehr bei der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Regierungen im Sinne des beim Gipfel hochgehaltenen Multistakeholder-Prinzips eintrete. Allerdings ist für die darin vorgesehene dritte Säule, die Nichtregierungsorganisationen, der Mitgliedsbeitrag doch recht hoch.

Berührungsängste mit den Konkurrenzorganisationen im Bereich Naming, Numbering und Adressing habe er nicht, sagte Kurth. "Ich habe kein Problem damit, Dinge, die bei der IETF oder bei ICANN effektiv erledigt werden, auch diesen Organisationen zu überlassen." Nach dem Gipfel und der Einigung in den Gipfeldokumenten zum umstrittenen Internet-Governance-Bereich habe man nun aber die Möglichkeit, die Debatte zu versachlichen und dabei auch die Rolle der ITU zu betonen, zum Beispiel bei Angelegenheiten, die ICANN und die IETF nicht behandeln wie im Bereich Spam oder Nummernmissbrauch.

Die Frage, ob er den Vorschlag von ITU-Vertreter Houlin Zhao weiter verfolgen und ins "Geschäft" mit den IP-Adressen einsteigen wolle, beantwortete Kurth mit dem Hinweis, es sei vor allem notwendig, einen "Gleitpfad" in die Welt der konvergenten Netze zu schaffen. "Ob man das nun Next-Generation-Netzwerk nennt oder Next Generation Internet, das ist eigentlich das gleiche", so Kurth. Aber man müsse dabei überlegen, wer welche Aufgaben übernehme.

"Wir müssen sicherstellen, dass weiter in die Infrastruktur investiert wird", sagte Kurth weiter. Dafür sei über einen angemessenen Beitrag von Diensteanbietern nachzudenken. Das sei gerade aus Sicht der Entwicklungsländer notwendig, bei denen neu geschaffene Netze noch nicht refinanziert seien. In Deutschland hat Kurth für diese Frage eine Expertengruppe IP-Zusammenschaltung geschaffen. Dabei sollten verschiedene Abrechnungsmöglichkeiten überlegt werden. Auch Resale-Modelle seien da denkbar.

Zum zweiten UN-Weltgipfel siehe auch:

Zu den Ergebnissen des 1. WSIS siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)