Leicas erste CAI-Kamera und DJIs Winzling - die Fotonews der Woche 43/2023

Das Echtheitssiegel für Pressefotos kommt endlich in Schwung, butterweiches Filmen ist nun Standard – und Zubehör und Updates gibt es auch.

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Finde das Eichhörnchen - Anfängeredition.

(Bild: Nico Ernst)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Für 2024 hat ein breites Bündnis deutscher Medien vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis zu RTL zum "Jahr der Nachrichten" aufgerufen. Was wirklich eine Nachricht ist, wie sie redaktionell entsteht, all das soll regelmäßig transparent erklärt werden. Und Nachrichten, gleich in welchem Medium, brauchen Bilder.

Vor allem die von Pressefotografen, die professionell arbeiten, vor Ort sind, und durch ihren Namen auch für die Echtheit eines Bildes stehen. Nicht erst seit Photoshop oder KI-Bildgeneratoren ist jedoch der technische Nachweis für die Authentizität eines Fotos schwierig. Lückenlos von der Kamera bis zur Veröffentlichung zu dokumentieren, was auf einem Bild ist, wo und von wem es aufgenommen wurde, ist die Ideallösung. Bereits seit 2019 arbeitet die von Adobe angestoßene „Content Authenticity Initiative“ (CAI) daran, und nun ist die erste Kamera dafür erschienen.

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Unter dem Namen Leica M11-P legt der deutsche Hersteller sein Flaggschiff neu auf und feiert sie gleich als „weltweit erste Kamera“ mit „Content Credentials". Auf einen griffigen Marketingnamen wie „Echtheitssiegel“, hier schon 2019 und 2022 vorgeschlagen, konnte man sich wohl nicht einigen. Dennoch wird Leica in sozialen Netzwerken gefeiert, es würde "Trends erkennen", und es handle sich um "Watermarking“ – solche Erwartungen können fatal sein, denn die Erfahrung mit anderen Wasserzeichen ist, dass sie sich fälschen oder entfernen lassen.

Also rücken wir die Begriffe mal zurecht: Die Initiative, der sich von Chipentwicklern über Kamera- und Softwarehersteller auch alle großen Bildagenturen angeschlossen haben, heißt CAI. Die dahinter liegende Technik nennt sich C2PA, und sie steht unter der Creative-Commons-Lizenz. Das ist wichtig, weil Transparenz beim Code anfängt. Wenn das alles umgesetzt wird, kommen Leicas Content Credentials heraus. Im Falle von Echtheitszertifikaten, wie sie bei CAI nötig sind, muss man aber einer Stelle am Anfang der Produktionskette vertrauen.

Daher stecken in der M11-P Zertifikate der deutschen Bundesdruckerei. Leica schreibt auch von "einem speziellen Chipsatz", was der macht, und warum dafür ein neues Kameramodell nötig war, wird nicht erklärt. Ende 2022, als Nikon und Leica der CAI beitraten, war schon unklar, ob M11 und Z9, angekündigt als erste Kameras für die Initiative, mit einem Firmware-Update zu fälschungssicheren Bildquellen werden können. Das ist nun offenbar nicht der Fall. Nikons Ankündigung einer Z9 mit CAI-Funktionen steht noch aus.

Bei aller Kritik gebührt Leica dennoch Lob dafür, das Versprechen einer M11 mit CAI für 2023 noch vor Ende des Jahres eingelöst zu haben. Und erst recht dafür, noch vor den japanischen Kameragiganten mit neuer Hard- und Software fertig geworden zu sein. Aus technischer Sicht ist CAI nun also so richtig fertig – nur die Medienbranche ist bis jetzt nicht so weit. Dass der Echtheitsnachweis funktioniert, und gesellschaftlich relevant ist, müsste erst ein Leitmedium beweisen, indem es die Möglichkeiten in seinen Veröffentlichungen nutzt. Die Information muss zum Konsumenten, er darf sie nicht erst selbst besorgen müssen.

Auch mit ihren eigenen Medien müssen Fotografen verantwortungsvoll umgehen, die Rede ist von Speichermedien, genauer: SD-Karten. Da feiert sich SanDisk in dieser Woche für die nach eigenen Angaben schnellste Micro-SD-Karte mit 1,5 Terabyte Kapazität. Es mag zwar reizvoll erscheinen, einige zehntausend RAW-Fotos auf der Fläche eines Daumennagels speichern zu können, und die dann einfach ins Smartphone zum Versand zu stecken, Profis wissen jedoch, dass man lieber mehrere kleine Speicherkarten verwendet, um das Risiko eines Ausfalls und des Totalverlusts der Bilder und Videos zu vermindern. Es fliegt auch keine Drohne mit einer Akkuladung so lange, dass man die 1,5 TByte bei gleich welcher Auflösung vollschreiben könnte.

Interessanter ist also die ebenfalls neue Produktreihe "Outdoors 4K SD" von SanDisk, die von minus 25 bis plus 85 Grad gelagert werden kann, und auch 72 Stunden in Salzwasser überleben soll – wenn das nur einen Meter tief ist. Das sind natürlich Marketinggags, aber die praktische Anwendung ist sinnvoll: Fällt die Speicherkarte in den Dreck fällt, kann man sie getrost auch einfach abspülen, gut trocknen, und dann auslesen. Das übrigens am schnellsten mit einem UHS-1-Reader, was auch für die 1,5-TByte-Micro-SD gilt. Zwar hat SanDisk auch neue Reader vorgestellt, die bisherigen dürften jedoch ausreichen, was man im Zweifel leider ausprobieren muss.

Mit ganzen 1,4 GByte pro Sekunde lassen sich die neuen CFExpress-Karten auslesen, deren Produktlinie "Pro-Cinema" lautet. Auch der Preis liegt voll im professionellen Bereich: für 320 GByte sind rund 400 US-Dollar plus Steuern zu bezahlen. Zum Vergleich: Die Micro-SD mit 1,5 TByte kostet nur für diese Kapazität übliche 150 US-Dollar. Sie gehört auch zur Serie "Ultra", nicht etwa "Extreme Pro", mit der SanDisk seine schnellsten SD-Karten bezeichnet. Es gilt auch hier wie stets, sich um einen Blick hinter das Marketing zu bemühen, denn die Schlagzeile vieler Veröffentlichungen in dieser Woche war eben die Kapazität.

Genau hingucken muss man auch bei der Gimbal-Kamera DJI Osmo Pocket 3. Für die Zielgruppe der Influencer und allgemein Webvideo-Produzenten ist nämlich der ins Hochkantformat drehbare 2-Zoll-Touchscreen hier der Clou. Es ist inzwischen üblich, etwa für YouTube den Hauptclip im Quer- und das Short-Video im Hochkantformat zu drehen. Wenn es schnell gehen soll, wird da nichts zusammengeschnitten, sondern einfach doppelt gedreht. Dass die winzige Kamera einen 1-Zoll-Sensor statt 1/1,7 Zoll beim Vorgänger hat, USB-C mitbringt, und direkt drahtlose Mikros von DJI ansteuern kann, sind da wohl nur erwartbare Details. Erfreulich ist, dass trotz professioneller Formate und 4K mit 120 fps der Preis mit 540 Euro vertretbar geblieben ist. Selbst eine einfache Spiegellose mit ordentlichem Gimbal kostet leicht das Doppelte.

Beim Preis richtig hingelangt hat hingegen Sony, als es vor einem Monat die Alpha 7C II und 7C R vorstellte. Und auch ein wenig geschludert, denn bereits jetzt erscheinen Firmwareupdates, die Fehler beheben. Neue Funktionen gibt es nicht, nur Bugfixes. Bei beiden Kameras wurden in der Auslieferungsversion beim Filmen nicht immer alle Metadaten wie Zeit, Blende und ISO aufgezeichnet, bei der 7C II konnte die Rauschunterdrückung bei den erweiterten ISO-Stufen nicht eingeschaltet werden. Warum solch ein Fehler, wenn eine Funktion einfach nicht funktioniert, in der Entwicklung nicht bemerkt wurde, ist unverständlich. Unter den folgenden Links gibt es die Update-Seiten für die Alpha 7C II und die Alpha 7C R.

Nachdem der Herbst die Natur in die tollsten Farben taucht und ernsthafte Fotografen da am Wochenende lieber draußen sind, gibt es in dieser Woche keine Empfehlung für einen Long Read. Aber vielleicht etwas Motivation dazu, wie vor drei Wochen empfohlen, die gerade sehr emsige Tierwelt abzulichten. Denn wie damals am Ende der Kolumne beschrieben, sind auch in Städten die Eichhörnchen gerade mit dem Anlegen der Wintervorräte beschäftigt. Das ist so anstrengend, dass auch hoch auf einem Baum mal ein Snack verzehrt werden muss. In dieser Situation haben wir, mitten in München, das Titelbild dieses Artikels aufgenommen.

(tho)