Lithografie-Systeme: ASML und China trotzen den Sanktionen

Die niederländische Firma ASML machte Anfang 2024 das meiste Geld mit Lithografie-Systemen für China, trotz der ausgeweiteten Handelsrestriktionen.

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Renderbild eines offenen ASML Belichters

ASMLs EUV-Belichter NXE:3400 von innen. Chinesische Kunden bekommen das System nicht.

(Bild: ASML)

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ASML hat die meisten seiner Belichtungsmaschinen für die Chipproduktion im ersten Quartal 2024 nach China verkauft. Beinahe die Hälfte des Umsatzes durch Systemverkäufe entfiel auf chinesische Chipauftragsfertiger wie SMIC – das entsprach gut 1,9 Milliarden Euro. Überraschend war der Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) die zweitgrößte Zielregion mit einem Anteil von 20 Prozent. Traditionell ist der europäische Anteil am ASML-Umsatz geringer.

In der Analystenkonferenz zu den jüngsten Geschäftszahlen bestätigten der ASML-Firmenchef Peter Wennink und der Finanzchef Roger Dassen, dass chinesische Chipauftragsfertiger trotz der verschärften Sanktionen wichtige Kunden bleiben (Transkript auf Seeking Alpha). Es handelte sich also nicht bloß um Verbuchungen aus dem vergangenen Jahr, bevor die verschärften Regeln zum Jahreswechsel in Kraft getreten sind,

Dassen hielt fest, dass ASML keine weitere Ausnahmelieferlizenz für moderne Lithografie-Systeme nach China bekommen hat. Neben den teuren Belichtern mit extrem-ultravioletter (EUV-)Belichtungstechnik betrifft das auch einige Systeme mit tief-ultraviolettem Licht (Deep Ultraviolet, DUV), die mit einer Wellenlänge von 193 statt 13,5 Nanometern arbeiten. Das Exportverbot schließt DUV-Modelle aus, die nach 2015 erschienen sind und Wafer besonders schnell belichten sowie präzise ausrichten.

Laut ASML interessieren sich chinesische Firmen momentan besonders für Lithografie-Systeme, die für alte Fertigungsgenerationen – sogenannte Mature Nodes – gedacht sind. Das schließt etwa Controller und Sensoren mit 90 Nanometern und noch gröberen Strukturen ein.

"China ist stark. Und natürlich ist das nicht nur 'Mature', aber 'Mature' ist ein sehr bedeutender Teil dessen, was China hinzufügt", sagte Dassen. "Ja, China ist stark, aber China ist stark, weil es Kapazitäten hinzufügt, von denen wir glauben, dass die Welt sie braucht."

"Und ja, infolgedessen wird der Anteil Chinas und der Weltmarktanteil im Laufe der Jahre größer werden als heute. Der Selbstversorgungsgrad des Landes wird im Vergleich zu heute steigen. Aber wir glauben, dass das, was China heute an ausgereifter Kapazität hinzufügt, vernünftig ist und mit unserer Erwartung übereinstimmt, was an Kapazität, einschließlich 'Mature', hinzugefügt werden muss, um zu erreichen, was die Welt in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts braucht."

Umsatzverteilung neuer Lithografie-Systeme bei ASML. China war im ersten Quartal 2024 das größte Abnehmerland.

(Bild: ASML)

Insgesamt hat ASML im ersten Quartal 2024 knapp 5,3 Milliarden Euro umgesetzt. Gut 1,3 Milliarden Euro entfiel auf die Wartung bereits verkaufter Lithografie-Systeme bei Kunden wie den Chipauftragsfertigern TSMC, Samsung, Intel und auch chinesischen Herstellern wie SMIC. Aktuell drängt die US-Regierung die Niederlande dazu, dass ASML die Service-Leistungen für chinesische Firmen einstellt. Mittelfristig erwartet ASML jedoch keine zusätzlichen Einschränkungen.

Der Nettogewinn brach auf gut 1,2 Milliarden Euro ein. Anders als die Umsätze der Hersteller von Prozessoren und Grafikkarten schwanken die von ASML nicht so stark saisonal. Deswegen vergleicht die Firma selbst die Zahlen nicht mit dem gleichen Vorjahreszeitraum, sondern mit Ende 2023 – da lag der Umsatz noch bei gut 7,2 Milliarden Euro und der Nettogewinn bei etwas mehr als zwei Milliarden.

Die Produktion von Lithografie-Systemen hat sich beinahe halbiert, von 113 auf 66 neue Maschinen und vier statt elf wiederaufbereitete Exemplare. Da ASML offene Bestellungen im Wert dutzender Milliarden Euro hat, deutet das darauf hin, dass Kunden die Auslieferung bereits bestellter Geräte hinauszögern. Die Neubestellungen sind derweil am stärksten eingebrochen: Bei ASML gingen Anfang 2024 Buchungen im Wert von 3,6 Milliarden Euro ein – Ende 2023 waren es noch welche für 9,2 Milliarden Euro.

ASML hat den Rückgang bereits erwartet. Demnach sind Chipfertiger derzeit zurückhaltend aufgrund des schwächelnden Halbleitermarktes. Im zweiten Halbjahr soll er wieder deutlich wachsen. Die ASML-Aktie ist seit Bekanntgabe der Geschäftszahlen um etwa sechs Prozent gefallen.

(mma)