Mehr Zuckerbrot und weniger Peitsche bei IPv6-Einführung

Die europäischen Regierungen, die beim RIPE-Treffen in Amsterdam ihre IPv6-Strategien vorstellten, setzen auf einen langsamen Übergang mit Anreizen statt auf Fristen und Zwang.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert
  • Johannes Endres

Die Bundesregierung will beim IPv6-Gipfel in Potsdam in der kommenden Woche ihre Roadmap zur Einführung von IPv6 präsentieren. "Allerdings können wir die Einführung von IPv6 nicht regulieren", sagte Constanze Bürger vom Innenministerium beim Treffen der IP-Adressverwaltung RIPE, das seit Montag in Amsterdam stattfindet. Vielmehr setze man auf darauf, dass die Beschaffungspolitik der öffentlichen Hand einen Markt schafft und damit eine raschere Migration anstößt. Auch Dänemark, Schweden und das Vereinigte Königreich präsentierten ihre IPv6-Initiativen in Amsterdam. Vor festen Fristen für den Umbau in den Verwaltungen schrecken die Europäer anders als die US-Regierung zurück. In den USA hatten sich zumindest in der Theorie alle Behörden bis Juli 2008 "IPv6-bereit" zu machen.

"Ein solches Mandat würde die Umstellung viel zu teuer machen", sagte dagegen Kirsten Sanders, Special Advisor bei der dänischen Regulierungsbehörde. Vielmehr sollen die Behörden im Rahmen der üblichen Beschaffungszyklen nach und nach IPv6-fähige Hard- und Software anschaffen. Allerdings gilt in Dänemark anders als in Deutschland schon seit zwei Jahren die Verpflichtung, nur noch solche Hardware anzuschaffen. Eine nationale IPv6-Strategie ist in Dänemark gerade in Arbeit und soll nach der Vorstellung im dritten Quartal 2009 durch eine große Konsultation abgeschlossen und Anfang 2010 dann verabschiedet werden.

Für die schwedische Regierung verwies Maria Häll auf das Nachfolgepapier für die i2010-Initiative. Da sich Schweden auf die EU-Ratspräsidentschaft vorbereite, arbeite man aktuell an einen größeren Strategiepapier für den gesamten Bereich der IT-Sektors, IPv6 sei darin ein wichtiger Bestandteil. Dem schwedischen Finanzministerium gegenüber müssen die Chefs verschiedener Behörden alle sechs Monate auch über den Fortschritt von IPv6 in ihrem Bereich berichten.

Noch zurückhaltender als die Kollegen aus Dänemark, Schweden und Deutschland gab sich die britische Regierung, die sich beim RIPE vom Experten Jim Reid vertreten ließ. Das Departement for Business, Enterprise and Regulatory Reform (BERR) wolle "irgendeine Form von Forum" installieren und arbeitet an einem "Papier". Auf keinen Fall sollten Marktpartner erwarten, dass die britische Regierung sich "an die nächste Straßenecke stellt und IPv6-fähige Hardware verteilt", sagte Reid. Man wolle aber mit anderen Regierungen an einem "Migrationsplan" arbeiten.

Ob allein das "gute Beispiel" durch den Staat genügend Impuls für die Migration bringt, stellte Lorenzo Colitti, IPv6-Experte bei Google, in Frage. Google selbst habe versucht, durch die Einführung von IPv6 für die eigenen Dienste voranzugehen. "Aber was, wenn keiner dem guten Beispiel folgt?" Colitti befürchtet, dass die Endnutzer einen immer schlechteren Service bekommen, sobald Provider damit beginnen, die verbliebenen IPv4-Adressen durch gesplittete Portnummern-Bereiche zu strecken. (Monika Ermert) / (je)