Motorola-Chef trifft auf erzürnte Aktionäre

CEO Christopher B. Galvin konnte die Motorola-Aktionäre angesichts der schlechten finanziellen Situation nicht bei Laune halten; selbst Rücktrittsforderungen wurden auf der Hauptversammlung laut.

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Von
  • Oliver Lau

Auch wenn Motorola sich zum dritten Mal in Folge in der Gewinnzone halten konnte, verpasste man die eigenen Prognosen. Mit dieser Schlappe musste sich CEO Christopher B. Galvin nun auf der am gestrigen Montag stattgefundenen Aktionärsversammlung auseinandersetzen. Galvins Bericht zur Finanzlage und seine Ausführungen über die Pläne, drei Milliarden US-Dollar für Kostensenkungen aufwenden zu wollen, stießen nicht gerade auf Gegenliebe, wie die Tageszeitung Chicago Tribune berichtet.

Am meisten konnten sich die 400 Aktionäre aber darüber aufregen, dass Galvin sich einen Bonus in Höhe von 1,5 Millionen US-Dollar im Jahr 2002 genehmigt hatte, und das, obwohl der Aktienkurs in diesem Jahr um mehr als 40 Prozent einbrach, verbunden mit einem Ertragsminus von 56 Prozent. Einer der Aktionäre rief aus: "Sie gestatten sich Sonderzahlungen zu Lasten tausender Arbeitsloser." Und Galvin: "Wir hatten schwierige Entscheidungen zu treffen, um das Überleben des Unternehmens als Ganzes zu retten." Angesichts der 50.000 Entlassungen seit Mitte 2000 fiel es ihm schwer Verständnis zu wecken: "Wir wollten das nicht tun. Wir mussten es tun." Die Bonuszahlungen für einige Führungskräfte begründeten sich in erster Linie darin, dass man es geschafft habe, wieder Gewinne zu machen. Mit dem im Keller befindlichen Aktienkurs hätte die Entscheidung nichts zu tun gehabt.

Selbst die Tatsache, dass andere Telekommunikationsausrüster deutlich schlechter abgeschnitten hatten als Motorola, vermochte die aufgebrachten Aktionäre nicht zu besänftigen. Ein ehemaliger Motorola-Mitarbeiter sagte: "Es ist entsetzlich, wie sich das Unternehmen in den letzten fünf oder sechs entwickelt hat. Ich glaube nicht, dass die Pleite irgendwelcher Dotcoms dies in irgendeiner Weise rechtfertigen kann."

Galvin versprach den Aktionären noch, dass die Restrukturierungseffekte in zweieinhalb Jahren voll zur Geltung kommen würden, wenn der Markt sich wieder zum Besseren wendet. Die Ausgangssituation hierfür ist aber denkbar schlecht: Der Umsatz ist im vergangenen Quartal um zwei Prozent zurückgegangen und die Auftragsbücher sind alles andere als prall gefüllt. Die meisten Analysten sind sich daher darüber einig, dass man bei Motorola die Gewinnaussichten nicht erfüllen kann. Diese wurden mit 35 bis 40 US-Cent pro Aktie angegeben, bei einem Umsatz von 27,5 bis 28 Milliarden US-Dollar in 2003. Aber allein in China werden 14 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet. Die SARS-Krise könnte sich deshalb für Motorola recht schmerzlich auswirken.

Nach stundenlangen Frage-und-Antwort-Runden sprach dann ein Aktionär aus, was in den Gesichtern aller anderen geschrieben stand: "Sie hatten lange Jahre Zeit, die Firma auf Vordermann zu bringen. Jetzt ist es Zeit für sie zu gehen." (ola)