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Multicopter und Recht (Teil 3): Luftbildaufnahmen 5 Kommentare

Nicolas Maekeler

Selbst günstige Multicopter sind oft schon mit einfachen Kameras ausgestattet. Doch wer sie nutzt, verletzt schneller, als einem lieb ist, Rechte Dritter, denn sobald ein Copter mit Kamera abhebt, gilt es wieder einiges zu beachten.

Bis 1990 bedurfte es für sogenannte Luftbildflüge einer besonderen behördlichen Erlaubnis. Gleichwohl es die entsprechende Vorschrift heute nicht mehr gibt, darf man von oben herab nicht alles fotografieren was einem vor die Linse kommt. Gerade mit einer Fotodrohne ist es leicht, Einblicke in Bereiche zu erhalten, die eigentlich vor den Blicken der Öffentlichkeit geschützt sind. Genauso wenig wie man versuchen sollte, mit Leiter und Teleobjektiv ausgestattet, über den Zaun hinweg einen Schnappschuss vom Nachbarn zu machen, sollte man auch nicht mit dem Multicopter einen Sichtschutz umgehen.

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Multicopter und Recht

Das Rechtsgut, welches man hierbei leicht verletzt, ist das durch das Grundgesetzt geschützte Allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es wird unterteilt in die Intimsphäre, die Privatsphäre und in die Sozialsphäre.

Eingriffe in die Intimsphäre sind immer rechtswidrig. Fliege ich beispielsweise mit meinem Multicopter den dritten Stock eines Hauses an und fotografiere ins Fenster hinein eine Person, so begründet dies einen Schadensersatz- und Unterlassungsanspruch des Betroffenen. Daneben mache ich mich möglicherweise sogar strafbar. Nach Paragraf 201a Strafgesetzbuch [4], dem sogenannten "Paparazzi-Paragrafen", ist allein das Anfertigen einer Bildaufnahme, welche den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, verboten und wird mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe geahndet.

Im Bereich der Privat- und Sozialsphäre wird das Persönlichkeitsrecht durch widerstreitende Interessen geprägt. Der Fotograf kann sich seinerseits auf die Kunst-, Berufs- und letztlich auch auf die allgemeine Handlungsfreiheit berufen. Diesen Rechten stehen auf der anderen Seite die berechtigten Interessen des Abgebildeten entgegen. Das Ergebnis einer vorzunehmenden Abwägung ist immer abhängig vom Einzelfall, wobei Eingriffe in die Sozialsphäre unter geringeren Voraussetzungen gerechtfertigt sein können.

Der häusliche und familiäre Bereich ist eben schützenswerter als das soziale und berufliche Leben eines Menschen, welches ohnehin schon teilweise in der Öffentlichkeit stattfindet. Berücksichtigen muss man bei der Abwägung beispielsweise auch die Distanz zum Motiv und die Qualität der Aufnahme. Bei hochauflösenden Fotos kann auch bei großer Distanz eine Rechtsverletzung vorliegen, da man die Möglichkeit hat, durch Heranzoomen sonst verborgene Details zu betrachten. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs BGH Urt. v. 09.12.2003, Az. VI ZR 373/02 [5] stellt es jedenfalls einen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn jemand unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln den räumlichen Lebensbereich eines anderen ausspäht. Bei dem zugrundeliegenden Fall waren aus einem Helikopter heraus Luftbilder einer Prominentenvilla aufgenommen und später in einer Zeitschrift veröffentlicht worden.

Besonders kritisch wird es, wenn man beabsichtigt, die mit dem Copter geschossenen Bilder zu veröffentlichen, insbesondere, wenn Personen abgebildet sind. Paragraf 22 Kunsturheberrechtsgesetz [6] (KUG) regelt hierzu das Recht am eigenen Bild. Demnach dürfen sogenannte Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Als Bildnisse gelten dabei nicht nur Porträt-, sondern auch Ganzkörperaufnahmen sowie Gruppenfotos. Ob bei der Luftbildaufnahme einer Person ein Bildnis vorliegt, hängt in erster Linie von der Erkennbarkeit der Person ab. Wird aus großer Höhe aufgenommen oder schwebt der Multicopter direkt über der Person, sodass der Betroffene lediglich in der Draufsicht abgelichtet wird, liegt in der Regel kein Bildnis vor.

Von der generellen Einwilligungsbedürftigkeit gibt es jedoch auch Ausnahmen. Nach Paragraf 23 KUG [7] müssen sich Personen der Zeitgeschichte, wie Politiker und Prominente, in einem gewissen Rahmen Veröffentlichungen ihrer Bildnisse gefallen lassen. Erscheint eine Person auf einem Bild nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit, spielt die Personenabbildung also nur eine untergeordnete Rolle, bedarf es keiner Einwilligung der Betroffenen. Teilnehmer öffentlicher Versammlungen, wie Demonstrationen, Konzerten und Sportveranstaltungen, müssen auch nicht gefragt werden, ob sie einer Veröffentlichung zustimmen. Voraussetzung hierbei ist jedoch, dass die Versammlung an sich und nicht die abgebildete Person das Hauptmotiv des Fotos ist. Berücksichtigen muss man hierbei natürlich das Überflugverbot von Menschenansammlungen und gegebenenfalls das Hausrecht des Veranstalters.

Daneben sollte unbedingt daran gedacht werden, dass auch das Teilen von Bilder in sozialen Netzwerken wie Facebook ein Verbreiten und öffentlich Zugänglichmachen im Sinne des KUG darstellt.

Wer jetzt meint bereits alles zu wissen, was es bei Luftbildaufnahmen zu berücksichtigen gibt, hat seine Rechnung ohne das Urheberrecht gemacht: Gemäß Paragraf 2 Urheberrechtsgesetz [8] (UrhG) unterliegen nämlich auch Werke der Baukunst, also Gebäude, Denkmäler und Gartenanlagen urheberrechtlichem Schutz. Die Verwertungsrechte liegen gewöhnlich beim Architekten. Ihm obliegt das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung, welches schon beim Abfotografieren eines Bauwerks tangiert wird. Wenn der Architekt nicht bereits mehr als siebzig Jahre tot ist, müsste man sich also grundsätzlich von ihm oder dem Rechteinhaber ein Nutzungsrecht einräumen lassen, um mit dem Copter legal Gebäudefotografien veröffentlichen zu können.

Glücklicherweise gilt in Deutschland für solche Fälle die aus Paragraf 59 UrhG [9] hervorgehende und die derzeit viel diskutierte "Panoramafreiheit" [10]. Sie trägt dem Interesse der Allgemeinheit an Streetfotografie Rechnung und besagt, dass ein Foto eines an einer öffentlichen Straße stehenden Bauwerks verbreitet werden darf, wenn es sich auf die Ansicht beschränkt, die von der Straße aus einzusehen ist. Nicht davon umfasst ist das Veröffentlichen von Bildern, welche die Draufsicht, die Rückseite oder den Innenhof eines Gebäudes zeigen. Problematisch in diesem Zusammenhang ist auch, aus welchem Winkel der Multicopter die Aufnahme schießt, denn schnell überwindet man Sichtschutzbarrieren, die Gebäudeteile gerade gegen den Blick der Öffentlichkeit abschirmen.

Wer also Luftbildaufnahmen veröffentlicht, riskiert dabei, in Anbetracht dieser komplizierten juristischen Vorgaben, häufig eine teure Abmahnung. Und sogar strafbar kann man sich mit Luftbildaufnahmen machen: Denn wer in unzulässiger Weise über eine militärische Einrichtung oder Anlage fliegt und dabei auch noch Bilder anfertigt, wird gemäß Paragraf 109g Strafgesetzbuch [11] mit bis zu fünf Jahren Gefängnis oder einem Bußgeld bestraft, wenn dadurch wissentlich die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet wird.

Merke: Die Vogelperspektive mag manchmal spektakulär sein, birgt aber einige juristische Fallstricke. Sobald man eine Kamera unter dem Multicopter installiert, sollte man sich gut informieren und im Falle einer gewerblichen Nutzung von Luftbildern lieber einen Anwalt fragen. (keh [12])


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[1] https://www.heise.de/news/Muticopter-und-Recht-Teil-1-Niemals-ohne-Haftpflicht-2732507.html
[2] https://www.heise.de/news/Multicopter-und-Recht-Teil-2-Spielregeln-am-Himmel-2736213.html
[3] https://www.heise.de/news/Multicopter-und-Recht-Teil-4-Fliegen-in-der-Ich-Perspektive-2763512.html
[4] http://dejure.org/gesetze/StGB/201a.html
[5] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=28208&pos=0&anz=1
[6] http://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/__22.html
[7] http://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/__23.html
[8] http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__2.html
[9] http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__59.html
[10] http://www.heise.de/foto/meldung/EU-Parlament-stimmt-fuer-kleine-Urheberrechtsreform-mit-Panoramafreiheit-2747034.html
[11] http://dejure.org/gesetze/StGB/109g.html
[12] mailto:keh@heise.de