NSA-Skandal: Neuer Täuschungsvorwurf gegen Angela Merkel

Im Zusammenhang mit den angeblichen Verhandlungen über ein No-Spy-Abkommen mit den USA gibt es nun neue Vorwürfe gegen die Bundeskanzlerin. Die soll die Öffentlichkeit und den Bundestag noch im Januar 2014 getäuscht haben.

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(Bild: heise online / dpa, Jens Büttner)

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Über den Stand angeblicher Verhandlungen zu einem Anti-Spionage-Abkommen zwischen der Bundesrepublik und den USA soll die Bundesregierung die Öffentlichkeit und den Bundestag noch länger in die Irre geführt haben, als angenommen. Wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf neue Dokumente berichtet, soll Peter Altmaier (CDU) nach seinem Antritt des Amts als Kanzleramtsminister im Januar aus taktischen Gründen das Ende der Verhandlungen verschwiegen haben. Dabei habe die Kanzlerin intern damals schon eingestanden, dass es keine Zusage mehr für ein No-Spy-Abkommen gegeben habe.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die angeblichen Verhandlungen über ein Anti-Spionage-Abkommen waren von der Bundesregierung vor der Bundestagswahl immer wieder thematisiert worden, als Reaktion auf die Snowden-Enthüllungen. Angesichts der NSA-Programme zu Massenüberwachung aller Kommunikation war die Kritik an Berlin immer lauter geworden, weil deutsche Bürger offenbar nicht geschützt wurden. Mehrmals versicherte unter anderem Bundeskanzlerin Merkel, man arbeite mit den US-Partnern an einer Regelung, die Deutsche von der Überwachung ausnehme. Solch ein Abkommen hätten die USA in Aussicht gestellt.

Bereits vor einigen Wochen berichteten dann mehrere Medien unter Berufung auf bis dato geheime E-Mails, dass es das Angebot der USA wohl nie gegeben hatte. Deren Regierungsvertreter hätten stattdessen rasch deutlich gemacht, dass ihre Regierung solch einem Abkommen nie zustimmen würde. Trotzdem hatte die Bundesregierung öffentlich immer wieder erklärt, solch ein Abkommen werde kommen und der NSA-Skandal beendet. Diese Täuschung war offenbar dem Wahlkampf geschuldet, wurde aber weiter geführt.

Wie die Süddeutsche nun berichtet, wurde der Kanzlerin in einem internen Vermerk ihrer Mitarbeiter am 14. Januar 2014 – Wochen nach der Wahl – abgeraten, "bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt vom Ende der Verhandlungen zu sprechen". Stattdessen solle auf "die laufenden Gespräche" verwiesen werden, die zu einem besseren Verständnis geführt hätten. Da sei das Kanzleramt laut einem anderen Papier aber bereits zu der Erkenntnis gelangt, dass die USA "auf absehbare Zeit nicht bereit sein werden", die gewünschten Zusagen schriftlich zu geben. Trotzdem habe die Bundeskanzlerin am 15. Januar erklären lassen: "Der Stand der Dinge ist im Moment, dass die Verhandlungen andauern und dass mit Hochdruck daran gearbeitet wird, dass man zu einer Einigung kommt."

Das gewünschte Abkommen wurde dann im Rahmen eines Besuchs von US-Präsident Barack Obama endgültig zu Grabe getragen. Ein Jahr später sorgen die Enthüllungen rund um die mit den Verhandlungen verbundenen Vorgänge nun aber für Aufsehen in Berlin. Das Kanzleramt selbst äußert sich aber öffentlich nicht dazu, weist den Vorwurf der Lüge aber zurück. (mho)