"Nur über meine Leiche": Elon Musk bei Twitter angeblich gegen Zahlung von Miete

Sechs Ex-Angestellte von Twitter wollen vor Gericht zugesicherte Abfindungen erstreiten. Ihre Berichte geben einen Blick hinter die Kulissen nach der Übernahme.

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(Bild: Tada Images/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Ein ehemaliger Angestellte von Twitter behauptet, dass Elon Musk mit klaren Worten deutlich gemacht haben soll, unter ihm würde keine Miete gezahlt. Das sei ihm so übermittelt worden. Und ob selbst vertraglich fällige Zahlungen getätigt werden, würde jeweils im Einzelfall entschieden, denn der reichste Mann der Welt arbeite auf einer "Null-Kosten-Basis".

Das jedenfalls erklären sechs ehemalige Twitter-Angestellte, die vor Gericht die Zahlung der ihnen zugesicherten Abfindungen erstreiten wollen. Die jetzt unter anderem von der New York Times publizierte Klageschrift gibt einen Blick hinter die Kulissen der besonders chaotischen Wochen nach Musks Twitter-Übernahme. Bei den Klagenden handelt es sich um sechs ehemals hochrangige Twitter-Angestellte, die zusammen auf 60 Berufsjahre bei dem sozialen Netzwerk kommen.

Die Gruppe um Joseph Kilian, der bei Twitter den Bau und das Design der Büroräume verantwortet hat, wirft Elon Musk vor, mehrfach zugesicherte und ihnen vertraglich zustehende Abfindungen nicht zu zahlen. In der Klageschrift beschreiben sie teils chaotische Zustände bei Twitter, wo Personen, die nicht einmal offiziell angestellt waren, ihnen Anweisungen gegeben hätten, die teils gesetzeswidrig waren. So wird erläutert, wie Musks Team in der Twitter-Zentrale "Hotelräume" habe einrichten wollen. In den rasch in "Schlafräume" umbenannten Zimmern sollten die Angestellten übernachten können, was gegen die Bauvorschriften verstoßen hätte. Das habe er vor den zuständigen Aufsichtsbehörden verheimlichen sollen.

Killian berichtet von anfangs "einfachen und unorthodoxen" Änderungen, die bereits öffentlich bekannt waren. So seien Konferenztische durch Betten ersetzt worden. Später sei er aber angewiesen worden, weitergehende Änderungen vorzubereiten, darunter etwa den Einbau von Badezimmern. Als er darauf hingewiesen habe, dass die nötigen Genehmigungen Zeit benötigen würden, sei ihm gesagt worden, "das machen wir nicht, wir müssen uns nicht an die Regeln halten". Der Hinweis, dass lizenzierte Handwerker solche Arbeiten nicht übernehmen würden, sei er beauftragt worden, einen Klempner ohne Lizenz zu nehmen. Auch sein Hinweis, dass das ein Verstoß gegen den Mietvertrag wäre, sei beiseite geschoben worden.

Ein weiterer Streitpunkt mit den neuen Verantwortlichen waren demnach die Mieten. Für Twitters Räumlichkeiten in aller Welt seien vor der Übernahme 130 Millionen US-Dollar pro Jahr fällig gewesen. Die neue Führung habe sich beschwert, dass das fünfmal so viel sei wie bei Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX und das, obwohl dort zehnmal so viele Menschen arbeiten würden. Da hatte Twitter aber auch einen Großteil der Belegschaft entlassen. Intern habe Musks Anwalt aber auch erklärt, dass es "unvernünftig" wäre, in San Francisco überhaupt Miete zu zahlen, die Stadt sei ein "Drecksloch". Es sei klar geworden, dass Musk Dienstleistungen beziehen wollte, ohne dafür zu bezahlen. Killian sei mitgeteilt worden, dass Musk entschieden habe, Twitter würde Mieten "nur über meine Leiche" zu zahlen.

Verhandelt wird die Klage (Az. 1:23-cv-00528-UNA) vor dem US-Bundesbezirksgericht in Delaware. Auf Twitter bezeichnete Musk eine der enthaltenen Behauptungen als "absurd". Da wird ihm vorgeworfen, er habe auch den Einbau einer Toilette neben seinem Twitter-Büro beauftragt, weil er sein Security-Team nicht wecken wollte, um in der Nacht auf Toilette zu gehen. Sollten die schlafen, wäre das für ihn eine viel größere Sorge, schreibt Musk. Zu den Vorwürfen, dass sich sein Team nicht an Vereinbarungen gebunden fühlt, sagte er nichts. Derweil hat sein Anwalt einen Brief an Microsoft geschrieben, weil der Konzern eine Vereinbarung zum Zugriff auf Twitter verletzt haben soll.

Musk hat Twitter im Herbst für 44 Milliarden US-Dollar übernommen. Teilweise muss Twitter das Geld seitdem selbst an die an der Finanzierung beteiligten Banken zurückzahlen. Musk hat nach der Übernahme Tausende Beschäftige entlassen und teils rigorose Sparmaßnahmen umgesetzt. Dass dabei auch verschiedene Rechnungen nicht bezahlt und Mieten nicht überwiesen wurden, war bereits bekannt. Berichten zufolge weigerte sich das soziale Netzwerk sogar, für die Cloud-Dienste von Amazon Web Services (AWS) zu bezahlen. Wegen der ausstehenden Mieten wurden bereits mehrere Klagen gegen Twitter eingereicht.

Update

Am Textanfang deutlicher gemacht, dass der Ex-Angestellte die angebliche Äußerung Musks über einen Dritten gehört hat.

(mho)