OECD bremst Australien beim Glasfaserausbau aus

Im jüngsten ihrer turnusmäßigen Länderreports hat die OECD jetzt ungewöhnlich deutlich die australische Regierung für ihr Vorgehen beim Aufbau des landesweiten Breitband-Glasfasernetzes kritisiert.

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Von
  • Richard Sietmann

Im jüngsten ihrer turnusmäßigen Länderreports hat die OECD jetzt ungewöhnlich deutlich die australische Regierung für ihr Vorgehen beim Aufbau des landesweiten Breitband-Glasfasernetzes kritisiert. Nachdem dort seit Jahren die marktbeherrschende Telstra und das Konsortium Terria der alternativen Netzbetreiber weder einzeln mit dem Breitbandausbau vorangekommen waren noch sich auf Kooperationen verständigen konnten oder wollten, hatte die Labor-Regierung im April 2009 ein umgerechnet 26,5 Milliarden Euro schweres "Fiber-to-the-Premises"-Programm auf den Weg gebracht. Binnen acht Jahren sollen Glasfasern landesweit so bis an die Grundstücksgrenzen verlegt werden, dass rund 90 Prozent der 7,5 Millionen Haushalte auf dem dünn besiedelten Kontinent 100 MBit/s angeboten werden können; alle anderen, bei denen sich aufgrund der abgeschiedenen Lage die Verkabelung nicht rechnet, werden über terrestrische oder Satelliten-Funkanschlüsse wenigstens 12 MBit/s erhalten.

Finanziert wird das Programm durch öffentliche Anleihen. Zur Umsetzung gründete die Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Kevin Rudd die "National Broadband Network Co. Ltd.", an der sie eine Mehrheitsbeteiligung von mindestens 51% hält und die fünf Jahre nach dem Aufbau des Netzes – also spätestens in dreizehn Jahren – privatisiert werden soll.

Diese Konstruktion beanstandet nun die OECD, das in Paris ansässige wirtschaftspolitische Koordinierungsgremium der führenden Industriestaaten. Das National Broadband Network (NBN) biete zwar "die Aussicht auf potenziell große Vorteile", heißt es in dem am Wochenende veröffentlichten Report unter dem Titel "OECD Economic Surveys: Australia", "doch angesichts der sich auf 3,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts belaufenden Kosten beinhaltet es auch erhebliche finanzielle Risiken". Zugleich bescheinigt der Bericht der Regierung in Canberra aber, mit ihren Konjunkturmaßnahmen die Weltwirtschaftskrise von 2008 weitaus besser als die meisten der 33 OECD-Mitgliedsländer abgewettert zu haben.

Obwohl die NBN Co. Ltd. das Glasfasernetz nur baut und keine Endkunden-Produkte darüber anbieten wird, sondern erklärtermaßen das Netz anderen Betreibern im Wege des Open Access als Plattform zur Verfügung stellt, werfen die OECD-Experten der Regierung vor, ein neues Monopol errichten zu wollen, um ihre Investition zu schützen. Dies würde sich nachteilig auf Innovation und Kosteneffizienz auswirken.

In dem Report bekennt sich die OECD erneut zum Infrastrukturwettbewerb und zur Technologieneutralität beim Ausbau der Telekommunikationsnetze. Empirische Studien hätten die Bedeutung des Wettbewerbs zwischen unterschiedlichen technologischen Plattformen zur Verbreitung von Breitbanddiensten unterstrichen, "deshalb wäre es besser, im Breitbandsektor den Wettbewerb unter den Technologien aufrecht zu erhalten, und innerhalb jeder Technologie den Wettbewerb unter den Internetdienste-Anbietern".

Der OECD-Report ist Wasser auf die Mühlen der konservativen Opposition in Australien, die die Milliardeninvestition in den Glasfaserausbau ablehnt, und er verstärkt den politischen Druck auf die nur mit knapper Mehrheit durch die Unterstützung zweier unabhängiger Abgeordneter regierende Labor-Partei von Ministerpräsidentin Julia Gillard. Diese hatte das NBN-Projekt von ihrem Vorgänger übernommen, den sie im Juni wegen seiner Pläne zur Besteuerung der Bergbauindustrie stürzte; bei den vorgezogenen Neuwahlen im August verlor Labor die komfortable Mehrheit von 17 Sitzen im Parlament. (jk)