Open-Source-Treiber für neuere AMD/ATI-Grafikchips machen Fortschritte

Die Radeonhd-Entwickler haben die Version 1.0 des freien Treibers für die Radeon-Serien X1000, HD 2000 und HD 3000 veröffentlicht. Parallel arbeiten andere Open-Source-Programmierer an der Unterstützung dieser Karten im bekannten Radeon-Treiber.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Elf Wochen nach der Veröffentlichung von primär an Entwickler und Beta-Tester gerichteten Quellcode des Open-Source-Treibers Radeonhd haben dessen Entwickler nun eine erste "richtige" Version freigegeben. Dabei haben sie dem Treiber – eher Open-Source-untypisch – sofort die Versionsnummer 1.0 spendiert. Der im wesentlichen von Novell-Angestellten programmierte Treiber erhielt indes zwischenzeitlich Konkurrenz – die Entwickler des für Radeon-Karten bis zum X850 geeigneten Radeon-Treibers von X.Org haben den Treiber mit Hilfe der von ATI veröffentlichten Dokumentation und Teilen des Radeonhd-Quellcodes den älteren Treiber um Unterstützung für neuere AMD/ATI-Grafikkarten erweitert. Damit sind für einige der Radeon-Grafikkarten mit GPUs der X1000-, HD-2000- und HD-3000-Serien (GPU-Serien R500 und R600) nun vier Linux-Treiber erhältlich, denn neben Radeon und Radeonhd gibt es auch noch den proprietären Fglrx-Treiber (neuerdings auch unter Linux als Catalyst-Treiber gezeichnet) von AMD selbst sowie den per Reverse Engineering entstandenen avivo-Treiber; letzterer wird aber wohl nicht mehr weiterentwickelt.

Egbert Eich, einer der Novell-Entwickler von Radeonhd, beschreibt in seinem Blog den Entwicklungsstand des Treibers detailliert. So würde die Einstellung verschiedener Bildschirmauflösungen funktionieren, die sich dank RandR-Unterstützung auch zur Laufzeit anpassen lassen sollte. Die Monitoransteuerung gelinge über DVI oder VGA und Multi-Monitor-Unterstützung sei ebenfalls vorhanden. 2D- und 3D-Beschleunigung fehlt noch, soll für die R500-GPUS wohl einfach zu realisieren sein. Die Bildausgabe über den TV-Ausgang ist noch auf der ToDo-Liste, und für die Unterstützung der Power-Management-Funktionen moderner GPUs fehlt noch die nötige Dokumentation von AMD.

Einige Distributionen lieferten den Radeonhd-Treiber auch bereits aus. Im Rahmen des Blogs erklärt Eich ferner, warum die Entwickler mit Radeonhd einen neuen Treiber geschrieben hätten, statt den existierenden Radeon-Treiber zu erweitern. Dave Airlie, seit langem Betreuer des Radeon-Treibers von X.org und seit einigen Monaten bei Red Hat beschäftigt, hatte zuvor in seinem Blog erklärt, warum er zusammen mit dem langjährigen Radeon-Entwickler Alex Deucher den bestehenden Treiber um die Unterstützung für die neue GPUs erweitert hat.

Aus den Infos geht nicht eindeutig hervor, ob der Radeon-Treiber auf den neuen Chips alles beherrscht, was mit dem Radeonhd-Treiber gelingt – es scheint aber, als würde der Radeon-Treiber auf den R500-Chips anders als Radeonhd bereits 2D-Beschleunigung mit XAA/EXA unterstützen. Zudem würde der Radeon-Treiber genau wie der Linux- und Windows-Treiber vom AMD oft auf die Atombios-Funktionen zurückgreifen, wodurch sich die Entwickler eine einfachere Wartung des Codes versprechen. Radeonhd nutzt Atombios deutlich weniger, weil die Entwickler laut Eich wohl auf einigen Karten gestoßen sind, bei denen das Atombios die Hardware wohl nicht korrekt ansteuert.

Was für mit der Open-Source-Entwicklung nicht vertraute wie Chaos aussieht ist nicht ungewöhnlich – häufig arbeiten verschiedene Entwickler in unterschiedlichen Projekten an Code für die gleiche Aufgabe. Auch bei diesen beiden Grafiktreibern dürften die beteiligten Parteien sich jeweils am Code der anderen bedient haben; zudem tauschen die Entwickler untereinander häufig ihre Erfahrungen aus und helfen sich ab und an gegenseitig. Welcher der beiden Treiber langfristig das Rennen macht, muss sich in den nächsten Monaten zeigen. Kurios wird das Ganze aber durch ein Detail: Bislang arbeiten AMD und Novell bei der Radeonhd-Entwicklung eng miteinander zusammen und loben sich gern gegenseitig in den Pressmitteilungen und -Konferenzen. AMD hat jetzt aber mit Alex Deucher den Hauptentwickler des Radeon-Treibers selber eingestellt, damit er an einem Open-Source-Grakiktreiber arbeitet – an welchem, verrät Deucher in seinem Blog allerdings nicht. (thl)