Patent: Roku will HDMI-Zuspielungen mit Werbung auffüllen

Roku hat in den USA ein Patent eingereicht, das beschreibt, wie sich Werbung auf TVs bringen lässt, wenn HDMI-Zuspielungen pausiert werden.

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Fernbedienung, auf der gerade der Ausschalt-Knopf gedrückt wird; im Hintergrund unscharf ein Fernseher

Roku will Pausen zu Werbepausen machen.

(Bild: Everton Eifert/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Jurran
Inhaltsverzeichnis

Wer auf seinem Fernseher Inhalte von TV-Sendern oder Videostreamingdiensten schaut, ist dabei heutzutage in vielen Fällen Werbung ausgesetzt, gegen die er nichts oder nur mit technischen Mitteln etwas ausrichten kann. Bei Smart-TVs werden – etwa nach dem Einschalten des Fernsehers oder bei einem Senderwechsel – über den Online-Zusatzdienst HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) sogar individualisierte Spots angezeigt, etwa für die Stadt, in der das Gerät betrieben wird. Wie ein blinder Fleck wirkt da für die Werbeindustrie bislang die HDMI-Zuspielung, bei der der Fernseher stumpf anzeigt, was über die digitale Audio- und Video-Schnittstelle eingespeist wird.

Doch der US-amerikanische Journalist Janko Roettgers des Technik-Newsletters Lowpass ist nun auf den beim US-Patentamt eingereichten Antrag US20230388589A1 von Roku gestoßen, der hier "Abhilfe" schaffen soll. Das US-Unternehmen, das hierzulande Streamingplayer anbietet und in seiner Heimat darüber hinaus auch Smart-TVs verkauft, beschreibt darin, wie sich auf dem Fernseher Werbung einblenden lässt, wenn an einem über HDMI angeschlossenen Zuspieler die Wiedergabe pausiert wird.

Für dieses von Roku "HDMI Customized Ad Insertion" ("maßgeschneiderte HDMI-Werbeeinblendung") genannte Verfahren ist dabei unerlässlich, dass der Fernseher von sich aus erkennt, wann der passende Zeitpunkt für die Ausspielung des Spots gekommen ist. Schließlich muss auf jeden Fall vermieden werden, dass die Werbung angezeigt wird, während der Zuschauer beispielsweise ein Video schaut oder ein Videospiel spielt.

Der aus technischer Sicht simpelste Ansatzpunkt ist hierbei HDMI-CEC (Consumer Electronics Control), also die Fernbedienungsfunktion aus der HDMI-Spezifikation, die es ermöglicht, mit einer Fernbedienung den Fernseher sowie damit verbundene Zuspieler und Soundbars zu steuern. Ein Fernseher mit "HDMI Customized Ad Insertion" würde folglich versuchen zu erkennen, ob hierüber ein "Pause"-Befehl geschickt wird.

Da aber nicht jeder User HDMI-CEC nutzt beziehungsweise absichtlich deaktiviert (weil etwa das Zusammenspiel der Geräte nicht wie gewünscht funktioniert), spielt die Patentschrift noch einige weitere technische Lösungen durch. Dazu gehört unter anderem, dass der Fernseher das eintreffende Videosignal analysiert und nach einem Pause-Icon durchsucht, das einige Streamingplayer einblenden, wenn die Wiedergabe angehalten wird.

In der Patentschrift ist aufgeführt, wie der TV über verschiedene Methoden herausfinden soll, dass die Zuspielung über HDMI pausiert wurde.

(Bild: Roku-Patentschrift)

In einer weiteren Eskalationsstufe werden die Inhalte aufeinander folgender Videostreams miteinander verglichen, um so eine Pause zu erkennen. Diese Methode ist alleine allerdings recht fehleranfällig, da etwa in Filmen durchaus Standbilder vorkommen können, die einige Sekunden gehalten werden. Auch Gamer sind wohl wenig erfreut, wenn ein Werbespot eingeblendet wird, nur weil sie an einer Stelle einen Moment verharrt haben. Der Patentantrag beschreibt daher, wie zusätzlich auch die Audiosignale analysiert werden könnten. Bleibt der Bildinhalt über einige Zeit gleich (genannt sind 3 bis 4 aufeinanderfolgende Frames) und stoppt zudem die Audioausgabe, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Wiedergabe tatsächlich pausiert wurde.

Doch die Patentschrift beschreibt nicht nur, wie die Werbung ausgespielt werden kann. Vielmehr hat Roku offenbar auch weitreichende Pläne, Spots zu zeigen, die zu den Vorlieben des Nutzers passen. Hierzu soll unter anderem ausgewertet werden, welcher Zuspieler angeschlossen ist. In dem Antrag ist dazu als Beispiel aufgeführt, dass sich Werbung für eine neue Videospielkonsole ausspielen lassen könnte, wenn sich ein Vorgängermodell der Marke gegenüber dem TV identifiziert. Eine andere Möglichkeit wäre, neue Videospieltitel für das angeschlossene Gerät zu bewerben.

Selbst an den Fall, dass sich eine Konsole gegenüber dem TV nicht identifiziert, hat Roku gedacht: Der Fernseher soll ebenso beachten, ob vom Zuspieler Techniken wie variable Bildwiederholraten (VRR) genutzt werden. Diese sind typisch für neuere Konsolen, werden bei gewöhnlichen Videoübertragungen aber nicht genutzt. So wäre schon einmal klar, dass am TV gerade ein Videospiel gezockt wird.

In Deutschland ist Roku vor allem für seine Streamingplayer bekannt, in den USA vertreibt das Unternehmen auch Smart-TVs.

(Bild: Roku)

Doch auch die übertragenen Inhalte sollen zu diesem Zweck genauer untersucht werden. Konkret ist davon die Rede, dass der Fernseher aus der oben angesprochenen Frame-Analyse auch einen bestimmten Filmtitel, einen berühmten Schauspieler oder das Filmgenre ermitteln und so die passende Werbung von einem Cloud-Server anfordern könnte. Die Werbeinhalte könnten laut Patentantrag aus statischen Bildern, einem animierten GIF, einem kurzen Video oder einem Screen mit einer Umfrage bestehen. Die Verarbeitung der Daten würde damit wiederum datenschutzrechtliche Fragen aufwerfen.

Unklar ist bislang, wie weit Rokus Pläne fortgeschritten sind, das Patent auch wirklich zu nutzen. Unstrittig ist jedoch, dass das Unternehmen seit vergangenem September auf Sparkurs ist: Der Streaming-Spezialist kündigte damals an, rund 10 Prozent seiner Mitarbeiter zu entlassen und verschiedene Programme wie einige TV-Serien aus seiner eigenen Streaming-Plattform zu nehmen, um Lizenzkosten zu reduzieren. Andererseits brachten laut Geschäftsreport 2023 Anzeigen und Dienstleistungen im TV-Sektor einen Bruttogewinn von fast 1,6 Milliarden Dollar.

Laut Janko Roettgers hat Roku im vergangenen Mai in den USA bereits Platz auf seinem Bildschirmschoner als Werbefläche verkauft. Zu den Unternehmen, die dort erscheinen wollten, gehörten McDonald’s und Walmart. "Ein Indikator dafür, wie sehr Roku diese Momente der Inaktivität schätzt, ist, dass das Unternehmen Entwicklern nicht erlaubt, ihre eigenen Bildschirmschoner in ihre Apps zu integrieren, die auf Roku-Geräten laufen", so Roettgers.

(nij)