Pekinger Gericht hört Berufung von Internet-Dissidenten

Das Oberste Gericht Pekings hat am Montag die Berufung von vier chinesischen Internet-Dissidenten gegen ihre Verurteilung zu acht bis zehn Jahren Haft gehört. Die Verhandlung dauerte ungewöhnlich lange bis in den Abend. "Wir sind gespannt", sagte Lu Kun, die Frau des verurteilten Computeringenieurs Yang Zili. "Niemand wagt den Ausgang vorherzusagen." Zusammen mit dem Bergbau-Ingenieur Jin Haike, dem Autor Zhang Honghai und dem Sozialreformer Xu Wei war ihr Mann im Mai wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" verurteilt worden.

Drei wichtige Zeugen hätten seither ihre Aussagen widerrufen, berichtete das Informationszentrum für Demokratie und Menschenrechte aus Hongkong. Die Berufung wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt, ohne dass die Familien teilnehmen konnten oder die Zeugen gerufen wurden, wie Lu Kun berichtete. Die Berufung folgt mehr als zwei Jahre auf den Prozess im September 2001. Alle vier haben Misshandlungen in Haft beklagt. Die Verurteilten hatten sich in Artikeln im Internet mit sozialen Reformen beschäftigt. Ferner hatten sie eine "Neue Jugendvereinigung" gegründet, die laut Statut "nach Wegen für einen Umbau der Gesellschaft" suchen sollte, wie das Informationszentrum berichtete.

In einem anderen Internet-Fall gab die Staatsanwaltschaft das Verfahren aus Mangel an Beweisen an die Polizei zurück. Die im November festgenommene Psychologiestudentin Liu Di sei aber weiter in Haft, wie das Zentrum berichtete. Die 22-Jährige soll Artikel über politische Reformen ins Internet gestellt haben. In jüngster Zeit sind aber immer wieder solche Internet-Aktivisten vor Gericht gestellt und abgeurteilt worden. China blockiert auch Webseiten von Menschenrechtsorganisationen, verschiedenen ausländischen Medien und einem Großteil der taiwanischen Zeitungen. (dpa) / (jk)