"Penetrating Hard Targets": NSA arbeitet an Quantencomputern zur Kryptoanalyse

Dokumente des NSA-Whistleblowers Edward Snowden legen nahe, dass die NSA bei der Entwicklung von Quantencomputern keinen Vorsprung hat. Mit derartiger Technik könnte bestehende Public-Key-Kryptographie geknackt werden.

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NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die NSA entwickelt im Rahmen eines 80 Millionen US-Dollar schweren Projekts namens "Penetrating Hard Targets" ("In harte Ziele eindringen") einen Quantencomputer für die Kryptoanalyse. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf Dokumente des NSA-Whistleblowers Edward Snowden. Mit solch einem Computer könnten gegenwärtige asymmetrischen Kryptosysteme (Public-Key-Kryptosysteme wie PGP oder SSL, die mit öffentlichen zum Ver- und geheimen Schlüsseln zum Entschlüsseln arbeiten) geknackt werden. Auch wenn das volle Ausmaß der Geheimdienstbemühungen unklar sei, legten die Dokumente nahe, dass die NSA dabei nicht weiter sei, als andere Forscher.

Quantencomputer basieren auf Eigenheiten der Quantenmechanik: Während bei klassischen Computern die Basiszustände nur selbst auftreten, können sich die Qubits überlagern. Laut dieser sogenannten Superposition muss ein Qubit nicht entweder 0 oder 1 sein, sondern in einer bestimmten Form beides gleichzeitig. Quantencomputer, die sich das zunutze machen, können im Prinzip auf bestimmte Berechnungen verzichten und viel schneller zur korrekten Antwort gelangen – etwa bei einer Entschlüsselung. Aufgrund der fragilen Natur eines solchen quantenmechanischen Systems ist es jedoch äußerst schwierig, Quantencomputer zu konstruieren.

Gegenwärtige asymmetrische Kryptosysteme basieren auf Einwegfunktionen mit zwei sehr großen Primzahlen und der Schwierigkeit, diese aus ihrem Produkt zurückzurechnen. Hier könnten Quantencomputer bedeutende Hilfe leisten und gegenwärtige Verschlüsselungssysteme aushebeln. Wie weit wir gegenwärtig von der Entwicklung eines Quantencomputers entfernt sind, der groß genug ist, um das zu leisten, sei auch anhand der neuen Dokumente nicht absehbar. Aber es seien wohl mindestens fünf Jahre, habe sich Seth Lloyd, ein Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT), gegenüber der Washington Post überzeugt gezeigt.

Den Dokumenten zufolge sieht sich die NSA in Bezug auf Quantencomputer in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Europäischen Union und der Schweizer Regierung. Zwar gebe es steten Fortschritt, aber nur wenig Aussicht auf einen baldigen Durchbruch. Lloyd teilt diese Einschätzung: Im Bereich Quantencomputing hätten die EU und die Schweiz im vergangenen Jahr bedeutende Fortschritte gemacht und zur USA aufgeschlossen. Die Forschung der NSA findet der Zeitung zufolge im Laboratory for Physical Sciences an der University of Maryland statt. (mho)