Popkomm: Das Internet braucht die Musikindustrie

Auf der Musikmesse Popkomm sucht die Musikbranche den Anschluss an das Internet-Zeitalter - auch mit Aussagen, Tauschbörsen wie Napster seien Gangster und Hehler.

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Von
  • Jürgen Kuri

In Zeiten, in denen Anbieter wie Napster und Filesharing-Netze wie Gnutella den Plattenlabels das Fürchten lehren, hat die Musikbranche an den drei Tagen der Musikmesse Popkomm in Köln den Anschluss an das Online-Zeitalter gesucht. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft Thomas M. Stein beschwor laut dpa die Kompetenz der Musikindustrie, die in Zukunft "mehr gebraucht wird denn je". Gerade im Internet sei die Fähigkeit gefragt, Talente zu entdecken, zu fördern und zu vermarkten. Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff wollte es hingegen nicht bei den Beschwörungsformeln belassen. Einen "digitalen Alltag", wie die Popkomm ihren Kongress betitelte, sah der Chef des Mediengiganten derzeit noch nicht.

Die Musikindustrie hat nach zwei Jahren erstmals wieder Gewinne verzeichnet. Mit gut 120 Millionen CDs, Schallplatten und Musikkassetten legte die Branche im ersten Halbjahr 2000 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 3,5 Prozent vor. Im vergangenen Jahr musste die Branche gegenüber dem ersten Halbjahr 1998 noch einen Verlust von zehn Prozent verkraften. Den Erfolg verdanke die Branche vor allem Musikern wie Santana, Tom Jones, den Toten Hosen oder dem Buena Vista Social Club, hieß es in der Szene. Doch das sei kein Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, war die Meinung in einer Diskussionsrunde. Die Phonoindustrie müsse sich bewegen. Die Situation erfordere ein totales Umdenken. "Der Konsument ist nicht mehr kompromissbereit", erklärte Universal-Chef Tim Renner. Wenn das Label nicht das entsprechende Angebot mache, suche er sich seinen eigenen Weg. Die Plattenfirmen müssten Serviceunternehmen für Künstler werden. "Es wird aber Majors geben, die das nicht können", sagte Renner voraus.

Popkomm-Geschäftsführer Uli Großmaas registrierte einen wesentlichen Schritt in der Annäherung zwischen Musik und Internet. Das zeigten auch die Teilnehmerzahlen der Messe: Unter den 924 Ausstellern aus 34 Ländern auf der Messe waren 200 Online-Firmen. BMG stellte als erstes große Plattenlabel eine Kooperation mit dem Internet vor. Middelhoff forderte die Branche auf, ihr gesamtes Angebot zu digitalisieren. Bei dem Online-Betreiber Napster werden Millionen Titel getauscht, viele Musikfans nutzen diese neue Technik. "Sind das alle Kriminelle? Nein", unterstrich Middelhoff. Gegen den Vergleich verwehrte sich Gerd Gebhart, Chef der Plattenfirma WEA, aber "Napster sind Gangster und Hehler, die nichts für die Musiker machen." (jk)