Premiere des ersten im digitalen Standard gedrehten, produzierten und projizierten Films

"Gone Underground", der erste 1080/24p-Film, läutet das Zeitalter des E-Cinema ein.

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Von
  • Florian Rötzer

1080/24p soll der Standard für digitales Kino werden. Bei der Premiere des ersten vollständig in 1080/24p gedrehten, produzierten und projizierten Kurzfilms "Gone Underground" gestern in München war kaum ein Unterschied zu analogem Kino zu sehen - weder technisch noch inhaltlich.

In neun Minuten erzählt Jungregisseur Sur Turhans Kurzfilm "Gone Underground", was mit Leuten passiert, die in der U-Bahn der Zukunft nicht die Hinweisschilder beachten. Avid, Arri, Kirch, Sony und die Media!AG förderten den Kurzfilm und pilgerten zahlreich zur Premiere nach München. Über den Film redete da allerdings niemand. Strenggenommen gab es auch keinen, denn "Gone Underground" ist der erste komplett digital gedrehte, produzierte und projizierte - nun ja - Film.

Die verwendete Technik ist schwer zu beschreiben und heißt deshalb wohl kryptisch 1080/24p. "1080" bezeichnet die bei Bildaufzeichnung und Wiedergabe erzielte Zeilenzahl: 1080 Stück mit jeweils 1920 Pixeln. Macht zusammen etwas weniger als 2,1 Millionen Pixel. Dieser elektronische Wert liegt sehr knapp unter den mit Filmmaterial erzielten circa 2,3 Millionen Bildpunkten. Die "24p" im Namen des Standards steht für 24 Vollbilder, die pro Sekunde aufgezeichnet werden, ebensoviel wie bei traditionellen Filmkameras.

George Lucas wird "Star Wars Episode 2" komplett mit einer Sony HDW-F900 Kamera auf 1080/24p Standard drehen, dem gleichen Modell, das bei "Gone Underground" Kameramann Michael Ballhaus eingesetzt hat. Die Kostenvorteile des neuen Standards fallen bei großen Produktionen zwar weniger ins Gewicht, bei kleineren Filmen aber macht es schon etwas aus, dass 55 Minuten Band für die HDW-F900 Kamera nur 195 Mark kosten und dass man sich bei Qualitätsabstrichen sogar zusätzliche Tonaufnahmen sparen kann, da Bild und Primärton bereits synchron auf einem Band laufen.

Am Spannendsten dürfte 1080/24p aber für die digitale Projektion sein. In München war "Gone underground" bei der Vorführung fürs Fachpublikum im Royal Filmpalast, dem ersten europäischen E-Cinema, zu sehen. Der Projektor erzielt fast zwei Millionen Pixel mit Hilfe des Digital Micromirror Device (DMD) Chips von Texas Instruments. Der verwendet als Bildgeber über 400000 Spiegelchen aus hochreflektiver Aluminiumfolie, so breit wie ein Fünftel eines menschliches Haars. Je nach gewünschter Helligkeit werden sie in den Lichtstrahl einer Xenon-Lampe gekippt.

Zwischen einem und drei Jahrzehnten geben Filmemacher ihrem alten Medium. Schaut man sich "Gone underground" an, ist E-Cinema nur noch eine Frage weniger Jahre technischer Entwicklung und vor allem der Investitionsbereitschaft der Kinobetreiber. Und der Film? Für den bedeutet das neue Medium wenig. Im Vergleich zum Futurismus von "Matrix" und der Nichtweltlichkeit von "Tuvalu" sieht "Gone underground" ziemlich altbacken aus. (Konrad Lischka)

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