Quake: Niemand weiß, ob du gegen einen Hund spielst

Die Freigabe von Quake 1.0 hat heftige Auseinandersetzungen um den Charakter von Open-Source-Software ausgelöst.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Ist Open Source eine soziale Tat oder ein Programmier-Projekt? Diese philosophische Fragestellung entzündete sich über Weihnachten ausgerechnet am Ballerspiel Quake. Kurz vor dem Fest hatte id Software den Sourcecode der Version 1.0 von Quake in die GPL überführt. Vom Ergebnis zeigte sich id Software aber schnell vergnatzt: In bester Open-Source-Manier wurde der Code verbessert, entstanden neue Clients und Ballerbots, die besser schiessen und schlachten können als jeder Mensch. Die neuen Quakebots veranlassten John Carmack, den Chef-Designer von id Software, zur Überlegung, das Open-Source-Experiment wieder zu stoppen. Denn die Versuche, von einem perfekt feuernden Quake-Spieler auf ein Bot-Programm zu schließen und selbiges auszuschließen, sind untauglich: auch "menschentypische" Verzögerungen können programmiert werden.

Das alles war vor dem GPL-Geschenk von id Software bekannt, da schon vor der Freigabe des Codes so genannte Aimbots zirkulierten, die Spielern bei der Ballerei unter die Arme greifen. Mensch oder Hund als Gegner? Mit Aimbots ist das kaum noch festzustellen. Nun wäre eine Möglichkeit denkbar, dass sich ein Open-Source-Projekt bildet, um eine fälschungssichere Zertifikation von menschlichen Clients bei der Anmeldung an Quake-Servern zu programmieren. Eine Überlegung, die Carmack bei seiner symbolischen Rückrufaktion ausschließen wollte. Auf Slashdot schrieb er: "Was ist, wenn sich solche Programme in den Video-Treiber, den Tastatur- und den Maustreiber einnisten und aus den Daten die nächsten Spielzüge errechnen?"

Damit erregte Carmack den Widerspruch von Open-Source-Guru Eric Raymond. Dieser sah ein zentrales Glaubensbekenntnis der Open Source in Gefahr. Gegen die landläufige Absicherung von "Security through Obscurity" behaupten die Verfechter der quelloffenen Software, dass die Offenlegung aller Komponenten sehr wohl die Fälschungssicherhheit garantieren kann. Raymonds Verdikt: In letzter Konsequent müsse id Software nicht nur den Sourcecode des Clients, sondern auch den des Quake-Server unter GPL veröffentlichen.

Leider greift auch Raymond zu kurz. Eine kryptografisch einwandfrei sichere Kommunikation zwischen Server und Quake-Clients kommt um die soziale Komponente einer Verfizierung des menschlichen Spielers nicht herum. Bleibt die Frage, wie diese gestaltet sein muss, um nicht den Geist der quelloffenen Szene zu verletzten. Diskutiert wird ein Verfahren à la eBay, bei dem sich Spieler mit "Treuepunkten" gegenseitig bewerten und eine Art Dopingkommission die Programme nach EPO-Tricks untersucht. Damit wäre Quake auf seine Weise Pionier: Schon heute leben Profi-Spieler gut von ihrem Gedaddel, wenn sie von Turnier zu Turnier ziehen oder ihre erreichten Rollenstände auf eBay verkaufen. (Detlef Borchers) / (jk)