Quantencomputer in der Praxis: DLR bestellt Prototyp und Schulungssystem
Künftige Anwender sollen einfacher verstehen, wie Quantencomputer funktionieren. Dafür bestellt das DLR nun zwei Systeme. Eines passt in einen Umzugskarton.
Quantencomputer sollen für Studierende und Anwender greifbarer werden. Unter anderem für Schulungszwecke hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen der Quantencomputing Initiative (QCI) daher zwei Systeme für rund 14 Millionen Euro bestellt.
Transportables System für Schulungen
Das Erste kommt von dem Start-up Advanced Quantum mit Sitz in Baden-Württemberg. Es soll als mobiles System auf einen Tisch passen, weniger als 30 Kilogramm wiegen und an einer ganz normalen Steckdose betrieben werden können. Möglich ist das, weil es lediglich zwei Qubits besitzen wird, die die kleinstmögliche Informationseinheit eines Quantencomputers darstellen. Sie sind vergleichbar mit einem Bit. Ein passendes didaktisches Konzept für die Schulungen soll das Unternehmen gleich mitliefern. Dazu gehören unter anderem Theoriewissen sowie Experimente für Menschen ohne Vorwissen, aber auch für Forscher, Interessierte aus der Industrie und zukünftige Nutzer.
Dr. Karla Loida, Leiterin Hardware-Projekte in der DLR Quantencomputing-Initiative, freut sich bereits auf die Anwendung: „Der Zwei-Qubit-Demonstrator wird in Schulen, auf Messen und bei Industrieunternehmen zeigen, wie Quantencomputing funktioniert, und zwar mit echten Qubits und Quantengattern statt Simulationen.“
Eine zweite Anlage etwas größeren Ausmaßes wurde bei dem Unternehmen NVision Imaging Technologies bestellt. Der prototypische Quantencomputer soll jedoch mindestens 50 Qubits enthalten und in der Lage sein, Fehler selbstständig zu erkennen und zu korrigieren. Ein weiteres Ziel ist es, dass er beliebig erweiterbar sein soll. NVision soll daher ein Konzept entwickeln, mit dem er sich auf bis zu 1000 Qubits erweitern lässt.
Ein Blick ins Innere
Quantencomputer ermöglichen komplizierte Rechenoperationen in kurzer Zeit. Dafür nutzen sie quantenmechanische Prinzipien. Die Technik dafür ist noch nicht marktreif. Die beiden bestellten Computer arbeiten auf der Basis von Festkörperspins. Das hat den Vorteil, dass sie sehr kompakt gebaut werden können und zudem robust gegenüber Außeneinflüssen sind. Die Rechen- und Speichereinheiten werden in eine Kristallstruktur von Festkörpern eingebettet. Welche Kristalle das sind, liegt jedoch beim jeweiligen Hersteller. NVison nutzt beispielsweise speziell designte Moleküle auf Kohlenwasserstoffbasis, Advanced Quantum dagegen solche aus Siliziumcarbid.
Die Gitter dieser Kristalle werden gezielt mit Störungen versehen. So konzentrieren sich freie Elektronen an diesen Stellen, die einen Eigendrehimpuls (Spin) besitzen. Sie werden als Qubit genutzt. Durch Laser- oder Mikrowellenimpulse wird der Spin gezielt verändert und mit dem der umliegenden Atome verbunden. So entstehen Wechselwirkungen zwischen den Qubits.
Es gibt jedoch unterschiedliche Möglichkeiten, einen Quantencomputer zu bauen. Im Rahmen der DLR QCI werden Systeme beispielsweise auf Basis von Photonen, Neutralatomen und Stickstoff-Fehlstellen in Diamant (NV-Zentren) oder mit gefangenen Ionen entwickelt.
Förderung von Quantencomputern
Die bestellten Quantencomputer-Systeme sind nicht die ersten. Bereits im Oktober 2022 wurden fünf Aufträge für die Entwicklung von Quantenrechnern für insgesamt 208 Millionen Euro von der DLR Quantencomputing-Initiative vergeben. Sie verbindet dazu Partner aus Forschung, Wirtschaft und Industrie und besitzt dafür unter anderem in Ulm und Hamburg eigenen Forschungsinstitute. Quantencomputer gelten als ein wichtiges Forschungsthema in Deutschland und werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Bundesregierung hat die ursprünglich geplante Fördersumme jedoch Mitte 2023 drastisch reduziert. So bleibt die Frage offen, ob das Ziel, in diesem Bereich weltweit führend zu sein, überhaupt erreicht werden kann.
(cbr)