Rechtsstaatliche Bedenken gegen Internet-Sperr-Regelung in Neuseeland

Kritiker bemängeln ein Aufweichen der Unschuldsvermutung.

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Von
  • Peter Mühlbauer

Ende Februar soll in Neuseeland der Copyright Amendment Act in Kraft treten. Die Abschnitte 92 a und 92 c des Gesetzes regeln zwar nicht explizit, dass ein Beschuldigter beim Vorwurf des nicht lizenzierten Filesharings zukünftig so lange als schuldig gilt, bis er das Gegenteil beweist. Trotzdem folgern Kritiker wie die Gruppe Creative Freedom aus der Abwesenheit von Sanktionen für das ungerechtfertigte Beschuldigen und Sperren von Verbrauchern, dass Neuseeland für diese in Frankreich bereits verwirklichte und in Deutschland geforderte Regelung eine Grundlage des Rechtsstaats auf den Kopf stellt. Bei Urheberrechtsvorwürfen im Internet gälte demnach die Unschuldsvermutung nicht mehr.

Wörtlich besagt Abschnitt 92 a lediglich, dass Internetprovider Richtlinien aufstellen müssen, nach denen sie die Accounts von wiederholten "Rechtsverletzern" kündigen. Außer, dass solche Richtlinien "vernünftig" und "angemessen" sein sollen, macht die Vorschrift keine direkten Vorgaben zur Ausgestaltung. Mögliche indirekte Vorgaben finden sich jedoch in Abschnitt 92 c, in dem geregelt ist, dass Provider für das Speichern urheberrechtsverletzender Inhalte ihrer Kunden nur dann nicht haftbar gemacht werden können, wenn sie sie auf Hinweis sofort löschen oder den Zugang dazu sperren. Inwieweit der eher für Webspace einschlägige Abschnitt 92 c für Filesharing-Fälle tatsächlich Anwendung finden kann, ist allerdings fraglich.

Befeuert wird die Kritik der Gegner des Gesetzes jedoch durch die Stellungnahmen von Befürwortern. So meinte, etwa Campbell Smith, der Chef des Musikindustrieverbandes Recording Industry Association of New Zealand (RIANZ), dass es geradezu "lächerlich" sei, wenn ein Benutzer in solch einem Fall von einem Provider Beweise fordern würde, die man "unmöglich" beibringen könne.

Auch der Chef-Lobbyist der Motion Pictures Association of America (MPAA), Bob Pisano, gab unlängst in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt zu, das mit den von seiner Organisation gewünschten Regelungen rechtsstaatliche Grundsätze ins Wanken geraten. Er versuchte dies jedoch damit zu rechtfertigen, dass solche "Konzepte" aus der analogen Welt für die digitale zu langsam und deshalb nicht geeignet seien. Eine "Möglichkeit der Berufung" sei deshalb seiner Ansicht nach für Verbraucher ausreichend.

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(pem)