Komplett neues Betriebssystem: Redox packt bald eigenen Server und Desktop an

Das in Rust geschriebene freie Betriebssystem Redox nimmt langsam Fahrt auf. Bis nächstes Jahr wollen die Entwickler eine stabile Server-Version präsentieren.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 37 Kommentare lesen

(Bild: 
Redox OS)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Michael Plura
Inhaltsverzeichnis

Die Redox-Entwickler Jeremy Soller und Ron Williams haben ihre Ziele für das dritte Quartal 2023 und vor allem das nächste Jahr bekannt gegeben. Nach großen Fortschritten in den vergangenen Monaten sieht man sich auf dem Weg, alle Teile für das komplett in Rust geschriebene Betriebssystem zusammenzubekommen. Dazu soll nun eine Redox ABI (Application Binary Interface) definiert werden, das Build-System selbst soll auf Redox laufen, vor allem aber will man den Cosmic Desktop und einen Redox Server einsatzbereit bekommen.

Der Redox Server wird, da er im Gegensatz zum Desktop keine grafischen Applikationen benötigt, ein erster Meilenstein in der Entwicklung sein. Seine Entwicklung hat Vorrang, da ein fertiges Server-System letztlich auch die Basis für den Desktop darstellt. Dem Redox Server fehlen vorrangig Treiber im Bereich Netzwerk-Hardware. Die Liste der noch offenen Baustellen ist lang, wie ein Blick in das Redox-GitLab zeigt. Beruhigend ist, dass es neben grundlegenden Treibern beispielsweise für IDE/SATA/NVMe, Intel- und einige Realtek-NICs auch diverse virtio-Treiber gibt. Um Redox Server allerdings auch auf Baremetal laufen zu lassen, müssen vor allem die ACPI- und USB-Treiber vervollständigt werden.

Hilfe wird gerne angenommen, die Entwickler empfehlen dabei einen Blick auf den C-Code von BSD-Treibern zu werfen, da diese bereits unter der BSD-Lizenz stehen. Damit ist der Code lizenztechnisch kompatibel zur MIT-Lizenz von Redox und vor allem auch frei von Restriktionen durch eventuelle NDAs (Non-Disclosure Agreements) der Hersteller. Das Entwickler-Team stellt interessante Tipps zur Entwicklung von Redox-Treibern bereit.

Sobald der Redox Server einsatzbereit ist und Anwendungen wie Apache oder Nginx portiert wurden, wollen die Entwickler die Redox-Website darauf laufen lassen. Das soll dank der guten virtio-Treiber zunächst auf Cloud-Instanzen wie EC2 oder DigitalOcean stattfinden.

Am Cosmic Desktop arbeitet vor allem Redox-Gründer Jeremy Soller, der bei System 76 arbeitet. Das Unternehmen aus Denver, Colorado, ist bekannt für das Angebot an Notebooks, Desktops und Server, die speziell auf Open-Source-Betriebssysteme wie das eigene Pop!_OS – ein GNU/Linux auf Basis von Ubuntu – zugeschnitten sind.

Pop!_OS läuft in der Desktop-Variante mit einem von GNOME abgeleiteten und größtenteils in Rust geschriebenen Desktop Environment mit eben diesem Namen: Cosmic. Als Window-Manager verwendet Redox den eigenen, ebenfalls in Rust geschrieben Orbit. Als Basis soll in Zukunft ein portiertes Wayland dienen, was den Weg in Richtung GTK, Qt oder Electron und damit eine Vielzahl von GNU/Linux-Apps öffnet.

Bevor Redox auf einem Redox-System gebaut werden kann, muss vor allem der Rust-Compiler selbst noch auf Redox portiert werden – was laut der Entwickler noch Probleme bereitet. Die üblichen GNU-Tools wie GCC, Binutils und so weiter laufen bereits. Auch Python und LUA laufen teilweise. In ferner Zukunft sollen neben Rust weitere Brocken wie Go oder Elexir portiert werden.

Bevor Redox die angestrebte Version 1.0 erreichen kann, wollen die Entwickler auch die Redox ABI festlegen. Wie beispielsweise bei FreeBSD soll die ABI dann so stabil wie möglich gehalten werden und es so ermöglichen, auch ältere Software ohne einen erneuten Compilerlauf auf neueren Versionen von Redox laufen zu lassen. Die Entwickler wollen dazu die Redox-C-Bibliothek relibc als dynamisch ladbare Schnittstelle konzipieren und mit ihr die bisherigen direkten Systemaufrufe ersetzen.

Redox ist ein Unix-ähnliches Mikrokernel-Betriebssystem, das in der Programmiersprache Rust geschrieben ist (ebenso wie Googles KataOS) und dessen Schwerpunkt auf Sicherheit, Stabilität und Leistung liegt. Redox wurde inspiriert von MINIX, Plan 9, den BSDs und SeL4 und übernimmt Teile von deren Konzepten wie Microkernel oder User-Mode-Treiber. Redox ist eine freie und quelloffene Software unter der MIT-Lizenz. Seinen Namen hat Redox von den Reduktions-Oxidations-Reaktionen in der Chemie, genauer der Korrosion von Eisen: Rost (engl. rust). Auf der Projektseite gibt es viele Infos, über "Quickstart" gelangt man zu der ausführlichen Dokumentation (Redox Book) und Images (Demo, Desktop, Server) für die Installation.

(axk)