"Rinderstudie": Keine Schäden durch Elektrosmog - oder doch?

Die so genannte "Rinderstudie" zu Auswirkungen von Elektrosmog auf Rinder kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis, will Schädigungen durch Mobilfunkmasten aber nicht ausschließen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Ende August erregte ein Bericht im Politmagazin Report Mainz des Südwestrundfunks (SWR) Aufsehen und heizte einmal wieder die Diskussion um die Gefahren des Elektrosmogs an. Laut dem Bericht hätten Wissenschaftler an Tieren auf Höfen in der Nähe von Mobilfunkanlagen ein signifikant verändertes Weide-, Futter- und Liegeverhalten gegenüber Tieren auf Bauernhöfen ohne Strahlungseinfluss festgestellt. Als Beleg diente ein vom bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen in Auftrag gegebene Studie, bei der in 38 Rinderhaltungen in Bayern und Hessen der Einfluss elektromagnetischer Felder von Mobilfunkanlagen auf Gesundheit, Leistung und Verhalten von Rindern untersucht wird.

Als Reaktion auf den Report-Bericht wies das Umweltministerium allerdings im August darauf hin, dass diese so genannte Rinderstudie noch gar nicht fertig gestellt sei und noch keine Einzelauswertungen oder Teilberichte vorlägen. Im Oktober sollte der Bericht eigentlich fertig sein; nun hat das bayerische Ministerium am heutigen Donnerstag die Rinderstudie vorgestellt. Das Ministerium erklärte, ein direkter Zusammenhang zwischen der Strahlung von Mobilfunk-Antennen und der Gesundheit von Rindern habe nicht nachgewiesen werden können.

"Bei Milchleistung, Fruchtbarkeit und Schlafhormonauschüttung waren bei allen untersuchten Rinderherden keine Auffälligkeiten durch den Einfluss von Mobilfunk erkennbar. Für Stresssymptome auf Grund von Mobilfunkeinwirkungen gab es keine statistisch abgesicherten Hinweise. Lediglich beim Wiederkauverhalten zeigten vier der acht untersuchten Herden [...] Verhaltensauffälligkeiten", heißt es beim bayerischen Umweltministerium. Ein Gefährdungsszenario durch Mobilfunk sei nach Auswertung der Studie nicht erkennbar, nach Ansicht der Wissenschaftler aber auch nicht 100-prozentig auszuschließen.

Was sich beim bayerischen Ministerium teilweise recht eindeutig anhört, formulieren die Wissenschaftler in ihrer Studie allerdings etwas vorsichtiger. So heißt es zum einen: "Die vorliegende Studie zeigt, dass der wesentliche Faktor für Missbildungen und auffällige Befunde bei anderen Parametern, vor allem im Bereich der Genotoxität, in der Präsenz des BVD-Virus zu sehen ist. Bei einigen der erhobenen Messwerte lassen sich mögliche Einflüsse der GSM-Befelderung, die die spezifischen Auswirkungen der [Rinderviruserkrankung] BVD [(Bovine Virusdiarrhoe)] begünstigen oder verstärken könnten, nicht ganz ausschließen. Zur weiteren Abklärung wird empfohlen, Folgestudien durchzuführen." Vor allem Verhaltensauffälligkeiten allerdings führt die Studie offensichtlich eher auf Massentierhaltung und andere, im Bereich der Tierhaltung selbst liegende Faktoren zurück: "Das als Feldversuch angelegte Konzept hat sich als nicht sehr günstig für die exakte verhaltsphysiologische Untersuchung erwiesen. Dazu tragen vor allem die Einflüsse des Managements und der darauf zurückzuführende allgemeine Zustand der Tiere bei."

Die Wissenschaflter kommen zu keinem eindeutigen Fazit. Weder sehen sie die schädliche Auswirkungen von Elektrosmog auf Rinder als erwiesen an, noch wollen sie diese ausschließen: "Insgesamt zeigen die vorgelegten Ergebnisse, dass Feldversuche in landwirtschaflichen Betrieben [...] kein geeignetes Mittel sind, um den Einfluss elektromagnetischer Felder von Mobilfunkanlagen auf die Gesundheit von Rindern mit ausreichender Sicherheit zu belegen oder zu widerlegen. Einige der beobachteten Reaktionen sollten jedoch nicht zu dem voreiligen Schluss verleiten, schädigende Wirkungen seien völlig ausgeschlossen. Es ist deshalb zu empfehlen, diesen Phänomenen eine weitere wissenschaftliche und politische Beachtung zu schenken."

Nichts genaues weiß man also nicht – wie nach so vielen Studien, die in letzter Zeit zu den Auswirkungen des Elektrosmogs durchgeführt wurden. Im Unterschied zum britischen Mediziner Gerard Hyland konnten sich die deutschen Wissenschaftler zu keinem klaren Statement durchringen. Hyland hatte zu einem von ihm verfassten Bericht über die Auswirkungen von Handy-Nutzung auf Kinder kommentiert, wären Mobiltelefone Lebensmittel, wären sie nicht zugelassen worden, da es zu viel Unsicherheit gebe, ob sie sicher seien.

Immerhin schließt sich das bayerische Umweltministerium der Empfehlung der Wissenschaftler an, Folgeuntersuchungen durchzuführen. Dies verband Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf gleich mit der Forderung an Bundesumweltminister Jürgen Trittin, "für Forschung und Information der Bevölkerung finanzielle Mittel aus den 100 Milliarden an UMTS-Versteigerungserlösen bereitzustellen". (jk)