RoboCup 2023: Noch leicht angeschlagen, aber auf gutem Weg

Der RoboCup 2023 ist noch nicht ganz wieder so wie vor der Covid-19-Pandemie, erholt sich aber.

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(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske

Den Abschluss des RoboCup 2023 bildete nach den Wettkämpfen auch dieses Jahr das wissenschaftliche Symposium. Hier berichten Teammitglieder, mit welchen Algorithmen, Architekturen und Konzepten sie ihre Roboter noch schneller und präziser machen wollen. Aber auch weiter reichende Perspektiven werden diskutiert.

So eröffnete Cynthia Breazeal vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) das diesjährige RoboCup-Symposium mit einer Keynote, worin es um die Frage ging, wie langlebige Beziehungen zwischen Mensch und Roboter sich gestalten können. Es ginge dabei nicht darum, Aufgaben effizienter zu erledigen, was beim Einsatz in Industrie und Gewerbe im Mittelpunkt steht. Vielmehr müssten sich soziale Roboter daran messen lassen, inwieweit "sie uns helfen, die von uns angestrebten Ideale zu erreichen, diejenigen zu werden, die wir sein wollen", so Breazeal. "Cool tech" müsse zu "warm tech" werden. Das sei eine gewaltige technologische und konzeptionelle Herausforderung: Intelligente Roboter, die den Menschen durchs Leben begleiten, müssten in der Lage sein, aus den eigenen Erfahrungen zu lernen.

Breazeal berichtete von Experimenten mit Kindern im Vorschulalter, die über drei Monate liefen und bei denen sich zeigte, dass die Erfolge beim Sprachenlernen größer waren, wenn sie dabei von einem Roboter unterstützt wurden, der sich auf sie persönlich einstellen konnte. Ausführlich ging sie auf den von ihr mit entwickelten Roboter Jibo ein, den sie als "weltweit ersten Familienroboter" anpries. Der 2017 erstmals für 699 US-Dollar zum Kauf angebotene Roboter sei zwar kommerziell kein Erfolg gewesen, habe aber das Thema Soziale Robotik auf die Tagesordnung gebracht. So seien bei der Consumer Electronics Show im selben Jahr auf einmal zahlreiche ähnlich aussehende Roboter präsentiert worden.

In der Kaffeepause nach dem Vortrag machte ein Symposiumsteilnehmer darauf aufmerksam, dass diese Ähnlichkeiten im Design auch durch den Film "WALL·E" bewirkt worden sein könnten. Gleichwohl gab es keinen Widerspruch zu der Aussage, dass es zukünftig zu tieferen und engeren Beziehungen zwischen Menschen und Robotern kommen wird. Laurence Devillers von der Pariser Sorbonne-Universität sprach in ihrer Keynote von der Co-Evolution von Menschen und Robotern. Die bekomme gerade besonderen Schwung durch die Revolution bei den Sprachtechnologien, die in ChatGPT ihren am meisten beachteten Ausdruck findet. Dabei sei der Status von Robotern in der menschlichen Gesellschaft noch weitgehend ungeklärt. Es müssten klare Grenzen gesetzt werden, inwieweit Roboter Menschen imitieren dürften. Devillers verwies darauf, dass 80 Prozent der Chatbots weibliche Namen hätten und auch bei sozialen Robotern weibliche Gesichter und Körper deutlich überrepräsentiert seien. Hier bestehe die Gefahr, bestehende Stereotypen zu verfestigen, sagte sie und unterstrich die Mahnung mit einem Werbevideo für den japanischen Heimroboter Gatebox, bei dementsprechend der Manga-Ästhetik gestalteter mädchenhafter Avatar eine offensichtlich tief emotionale Bindung zu einem jungen Mann eingegangen ist.

Auf andere Weise beeindruckend waren die Videos, die Ben Moran und Guy Lever von Google DeepMind präsentierten. Hier ging es darum, humanoide Roboter zunächst in der Simulation das Fußballspiel lernen zu lassen und dies dann auf reale Roboter zu übertragen. Fußball kombiniere viele zentrale Herausforderungen für autonome Roboter, betonten sie. "Tonnenweise ungelöste Probleme" seien damit verbunden. Gleichwohl zeigte sie sich überzeugt, dass sich Deep Learning hier als überragende Lösung erweisen werde. Bei ihren Studien habe dieser Ansatz zu überraschend agilem Verhalten geführt, sei aber noch keine Lösung für das gesamte vom RoboCup formulierte Problem.

Um auf diesem Weg weiter voranzukommen, bot das Symposium aber zahlreiche Anregungen. Auch der vorangegangene Wettbewerb dürfte den Erfahrungsschatz wieder stark bereichert haben. Zwar scheint sich der RoboCup – so der Gesamteindruck – noch nicht ganz von der Unterbrechung durch die Covid-19-Pandemie erholt zu haben. Aber er ist auf einem guten Weg. Bis zur nächsten Weltmeisterschaft im Juli 2024 in Eindhoven dürfte er wieder zu seiner alten Stärke zurückgefunden haben.

(olb)