Routerzwang: Wirtschaftsministerium bekräftigt Vorgehen für freie Routerwahl

In der neuen Version des Gesetzesentwurfs zur freien Modem- und Routerwahl präzisiert das Ministerium seine Absicht, gegen einen abgeschotteten Markt vorgehen zu wollen. Das dürfte beispielsweise Nutzern von VoIP-Diensten zu Gute kommen.

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Zwangsrouter: Das BMWi bekräftigt seine Absicht
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Die Bundesregierung hat wie angekündigt ihren Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Auswahl und zum Anschluss von Telekommunikationsendgeraten" bei der EU notifziert. Das inzwischen auch öffentlich einsehbare Dokument trägt das Datum vom 2.4.2015. Mit dem Gesetzentwurf wendet sich die Bundesregierung, wie während der Koalitionsverhandlungen angekündigt, gegen eine Abschottung des Endgerätemarkts.

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Bisher können Netzbetreiber Verbrauchern vorschreiben, welche Geräte sie am Anschluss betreiben sollen, ob Modem oder Router mit integriertem oder externem Modem. Sie nutzen dafür Unschärfen in der bisherigen Regelung und behaupten, dass auch Kommunikationsendgeräte zum Netz des Betreibers gehören können. Daher sind sie bisher auch nicht verpflichtet, Zugangsdaten zu eigenen Dienste wie der Telefonie an Kunden herauszugeben. An solcher Weigerungshaltung scheitert dann der Einsatz fremder Geräte an den jeweiligen Anschlüssen.

Das BMWi widerspricht der Auffassung, dass Endgeräte zum Netz des Betreibers gehören und benennt ausdrücklich einen "passiven Netzabschlusspunkt", an den Verbraucher beliebige, für den Betrieb geeignete und zugelassene Geräte anschließen können. "Passive Netzabschlusspunkte", so das BMWi in der Gesetzesvorlage, "sind zum Beispiel der klassische TAE-Übergabepunkt oder Splitter" – aber eben nicht Modems oder Router.

In dieser still vorgelegten Version sind, anders als vielleicht von Beobachtern erwartet, einige Punkte gegenüber der Fassung vom 23.2.2015 geändert. Teilweise handelt es sich um Präzisierungen, etwa bei der Definition der Ausgangslage oder bei der jetzt ausführlicheren Begründung. Neu ist, dass Netzbetreiber ausdrücklich auch verpflichtet werden sollen, Zugangsdaten zu Diensten bereitzustellen (Paragraph 2, Absatz 3).

Die Ergänzung zum Paragraph 2, Absatz 4 ist weggefallen. Diese hatte festgelegt, dass Netzbetreiber nur für die von ihnen selbst aufgestellten und betriebenen Geräte die "Funktionalität" und den "sicheren Betrieb" gewährleisten müssen. Der Anlass, diesen Zusatz zu streichen, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich.

Die Begründung enthält unter anderem einen komplett neuen Absatz, der den passiven Netzabschlusspunkt noch detaillierter definiert. Vor allem Kabelnetzbetreiber sind gegen einen passiven Netzabschlusspunkt vorgegangen und haben dazu ihre "Leitwegebestimmung" ins Feld geführt, welche einen passiven Abschlusspunkt verhindere.

Änderungen im aktuellen Entwurf wenden sich ausdrücklich dagegen. Demnach steht die Forderung nach einem passiven Netzabschlusspunkt nicht im Widerspruch zur Leitwegebestimmung. Wörtlich heißt es nun: "Gemeint ist, dass der Netzabschlusspunkt hinter der letzten Leitwegebestimmung des Netzbetreibers liegen muss, mit der die mit der Nummer des Teilnehmers verknüpfte Endeinrichtung erreichbar ist. Eine weitere Wegeauswahl wird vom Netzbetreiber nicht mehr durchgeführt und somit ist der passive Netzabschlusspunkt auch einem bestimmten Teilnehmer zuordenbar".

Für Nutzer, die ihr Endgerät selbst auswählen wollen, dürfte der weitere Text die lang ersehnte Klarstellung liefern: "Unerheblich dabei ist, ob das Gerät, welches mit der Nummer oder Netzadresse angesprochen wird, in der Hoheit des Netzbetreibers oder des Endkunden liegt oder nicht erreichbar – weil beispielsweise ausgeschaltet – ist." Schon in der vorherigen Fassung hatte das BMWi ausdrücklich festgehalten: "Modems sind keine passiven Endeinrichtungen, sie stellen aktiv über den gewählten Kommunikationsweg die Transportsignalisierung zur Verfügung". Beide Punkte zusammen dürften, wenn das Gesetz in dieser Form verabschiedet wird, den Endgerätemarkt auch an Kabelanschlüssen öffnen. Bisher können Kabelteilnehmer nur aus der vom Netzbetreiber zusammengestellten Modellpalette wählen.

Die aktuelle Version des Gesetzesentwurfs dürfte das Rechtsempfinden vieler Verbraucher gut wiedergeben. Zudem sichern die jüngsten Änderungen das geplante Gesetz besser gegen teils verwunderliche Widersprüche mancher Netzbetreiber ab. In dieser Form dürfte das Gesetz tatsächlich all jenen helfen, die Netzbetreiber noch daran hindern, eigene Geräte an Kommunikationsanschlüssen einzusetzen. Beispielsweise müssten Netzbetreiber dem Wortlaut nach auch die bisher oft verweigerten Zugangsdaten für VoIP-Dienste an die Teilnehmer herausgeben. Noch ist aber offen, ob es bei dieser Fassung bleibt – die EU lässt Einspruchsmöglichkeiten zu. Die der EU zur Notifizierung vorgelegte Fassung des BMWi können Sie unter diesem Link abrufen. (dz)