SCO vs. Linux: Immer der Reihe nach

Der SCO-Chef vergleicht die Klage gegen Linux-Anwender mit dem Stellen von Viehdieben. In der Auseinandersetzung um die Rechte am Unix-Code und die Klagen gegen AutoZone und DaimlerChrysler sehen Juristen aber Probleme auf SCO zukommen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Während sich Juristen über die von der SCO Group eingereichten Klagen gegen die Linux-Anwender Autozone und DaimlerChrysler wundern, spitzen SCO-Manager und der Firma zugeneigte Analysten die Auseinandersetzung um den angeblich aus Unix System V geklauten Code in Linux und das Copyright an Unix zu. In einer von der Nachrichtenagentur Bloomberg versendeten Meldung wird SCO-Chef Darl McBride mit den Worten zitiert, dass er inzwischen eine Waffe tragen und sich in Hotels unter fremdem Namen anmelden müsse. Seine Feinde seien darauf aus, ihn zu töten. Dabei vergleicht McBride, Sohn eines Cowboys, seinen Kampf gegen die Linux-Community mit den Erfahrungen seiner Jugendzeit, als er mit seinem Vater Viehdiebe stellte: "Wir haben diese Typen der Justiz übergeben. Es war sehr ähnlich mit dem, was jetzt hier passiert."

Die Gleichsetzung von Linux-Anhängern und Viehdieben wirkt im Kontext der Klagen gegen Autozone und DaimlerChrysler überzogen, zumal die Darstellung davon ausgeht, dass sich SCO verteidigen muss. Ähnlich wie SCO sieht es der Analyst Rob Enderele, der in seinem Kommentar zweifelsfrei davon ausgeht, dass der SCO Group alle Unix-Rechte gehören.

Genau an diesem Punkt setzen die Überlegungen der Juristen ein, wenn sie die Klagen gegen Linux-Endanwender beurteilen. "SCO muss erst einmal mit Novell in der Frage der Unix-Rechte prozessieren, ehe es gegen AutoZone vorgehen kann", erklärte der FSF-Jurist Eben Moglen, "außerdem ist es fraglich, wie Autozone verklagt werden kann. Die Nutzung einer Software ist keine Verletzung des Copyrights. Das würde dann der Fall sein, wenn Autozone seine Software an andere Firmen vertrieben hätte."

Im Fall der Klage gegen DaimlerChrysler sehen Juristen noch größere Probleme. Die SCO Group hatte im Dezember etwa 6000 Kunden angeschrieben, die in der Vergangenheit eine Unix-Lizenz von SCO erworben hatten, und eine schriftliche Auskunft darüber verlangt, wie die Lizenzen eingesetzt werden. Außerdem sollten die Firmen versichern, dass kein Angestellter oder Subunternehmer SCO-Code nach Linux transportierte. Nach Darstellung von SCO haben die Hälfte der angeschriebenen Firmen geantwortet, nicht jedoch -- unter anderem -- DaimlerChrysler. Ein vergleichbarer Fall, dass eine Serienbriefaktion zu einer Strafaktion umgemünzt wird, ist in der US-Rechtsprechung noch nicht bekannt. "Man muss davon ausgehen, dass SCO Unix eine massenhaft verkaufte Software ist oder war, nicht irgendeine Spezialanwendung. Entsprechend kann solch ein Rundschreiben schwerlich eine Klage begründen," erklärte Joseph Zittrain, einer der Leiter des Berkman Center for Internet and Society an der Harvard Law School, gegenüber heise online.

Computer Associates, von denen SCO nach eigenen Angaben Lizenzzahlungen für Linux und die Nutzung des geistigen Eigentums bekommen haben will, hat den Sachverhalt in einem Interview mit dem Wall Street Journal mittlerweile noch einmal zurecht gerückt. Nach Darstellung von Mark Barrenechea, einem Manager für die Produktentwicklung, wurden die IP-Lizenzen quasi hinterhergeworfen, als man im Rahmen eines Prozesses mit der Canopy Group (zu der auch die SCO Group gehört) einen Vergleich mit einer Zahlung von 40 Millionen Dollar einging: "Aus irgendeinem Grunde versucht SCO, CA mit den Positionen von SCO zu assoziieren. Wir glauben nicht an ihre Position, wir glaube nicht an ihre Drohungen und Taktiken in dieser Industrie", betonte Barrenechea. "SCO sucht nach Strohhalmen."

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online und aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)