SCO vs. Linux: McBride beansprucht Zeugenschaft

SCO-Chef Darl McBride bietet sich als Zeuge dafür an, dass die damalige Firma SCO, die nicht identisch mit der heutigen SCO Group ist, 1995 alle Eigentums- und Copyright-Rechte an Unix erhielt.

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Von
  • Detlef Borchers

In dem Streit der SCO Group mit Novell um die Rechtsinhaberschaft an dem Quellcode von Unix bezieht die SCO Group eine neue Position. In einem Gespräch mit der Finanzzeitschrift Fortune führt SCO-Chef Darl McBride einen neuen Beleg für die These von dem kompletten Verkauf aller Eigentums- und Lizenzrechte durch Novell an: "Ich war in den Besprechungen dabei. Wir verkauften Unix. Wir gingen aus dem Geschäft raus." Mit dieser Aussage bietet sich McBride als Zeuge dafür an, dass die damalige Firma SCO, die nicht identisch mit der heutigen SCO Group ist, alle Eigentums- und Copyright-Rechte an Unix erhielt, als Novell am 20. September 1995 anlässlich der Unix Expo in New York bekannt gab, dass SCO die Unix-Entwicklungen übernehmen wird.

Die Übernahme der Unix Systems Group von Novell durch SCO wurde damals mit 1,6 Millionen SCO-Aktien bezahlt, mit denen Novell etwa 17 Prozent an der "alten SCO" hielt. Zusätzlich zu dem Aktienpaket sollte Novell 84 Millionen US-Dollar von allen Einnahmen erhalten, die SCO mit Unix erzielte: "In addition to the SCO stock, Novell will receive a revenue stream back from SCO based on revenue performance of the purchased Unix business. This revenue stream will end in the year 2002 and is not to exceeed $84 million net present value", so die offizielle Erklärung der Geschäftspartner. Zwischen Novell und der heutigen SCO Group gibt es neben dem Streit um die Rechtsinhaberschaft unterschiedliche Auffassungen darüber, ob dieser "revenue stream" tatsächlich korrekt abgerechnet wurde.

Als SCO-Chef Doug Michels und Novell-Boss Robert Frankenberg das Geschäft aushandelten, war Darl McBride bei Novell als "General Manager" der Extended Networks Division tätig. In dieser Funktion berichtete McBride mit anderen Managern an den Vizepräsidenten Richard King, der der NetWare Systems Group vorstand. Erst King berichtete an Bob Frankenberg. Als Manager der Extended Network Division, der zudem aus Japan zurückgekehrt war, wo er mit Masajoshi Son (später Gründer von Softbank und Aufkäufer von Ziff-Davis sowie der Comdex-Messe) die Tochter Novell Japan betrieben hatte, gehörte McBride nicht zur inneren Führung bei Novell. Jedoch wurde die Netware Systems Group, zu der er gehörte, im Juni 1995 mit der Unix Systems Group zusammengelegt. Die Zusammenlegung erfolgte, als Novell ein Super-NOS ankündigte, das Windows NT Paroli bieten sollte.

Inhaltlich war McBrides Abteilung nicht mit Unix befasst. Seine 40 Mann starke Extended Networks Division entwickelte die Netware Embedded Systems Technology (NEST). Diese Embedded Netware sollte in Telefonen, Fax-Geräten, Kopierern und in Autos eingesetzt werden und damit Robert Frankenbergs Traum vom "Pervasive Computing" unter einer überall präsenten Netware verwirklichen. Unix war zu diesem Zeitpunkt kein System, das in diesem Bereich eingesetzt wurde, und Linux tauchte gerade als "Wonderware" bei der Firma Caldera auf, die der ehemalige Novell-Chef Ray Noorda gegründet hatte. Um Darl McBride befanden sich im Jahre 1995 jedoch schon bekannte Personen, die in der heutigen Auseinandersetzung um Linux wieder anzutreffen sind: Im Juni 1995 lobte der Analyst Rob Enderle gegenüber der Zeitschrift InfoWorld Darl McBrides kühne Pläne, im Februar 1995 schrieb Laura Didio in der Computerworld über den Visionär McBride und seine NEST. "Bald werden die Menschen in der Lage sein, die Alarmanlage oder den Videorecorder zu starten oder den Ofen mit einfachen File-Server-Kommandos einzuschalten."

Ob vor Gericht allein die Tatsache ausreicht, dass McBride bei Novell von den Verhandlungen mit SCO wusste, darf bezweifelt werden. Im mittleren Management angesiedelt, dürfte er kaum Einblick in die Verträge gehabt haben, die Novell mit SCO vereinbarte. Außerdem kollidiert seine Aussage mit der Verpflichtung von Novell, dass ehemalige Führungskräfte zum Stillschweigen über die Vorgänge verpflichtet sind.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe Bericht auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, c't und Technology Review):

(Detlef Borchers) / (anw)