SCO vs. Linux: Platzpatronen in rauchenden Colts gefunden

In der Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM über angeblich unrechtmäßig benutzten SCO-Code sind Indizien aufgetaucht, die das juristische Vorgehen von SCO grundsätzlich in Frage stellen.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM über angeblich unrechtmäßig benutzten SCO-Code sind Indizien aufgetaucht, die das juristische Vorgehen von SCO schwer belasten. Unter den zunächst für die Öffentlichkeit gesperrten Dokumenten, die nun im Zuge der Voruntersuchung veröffentlicht werden, befindet sich eine E-Mail aus dem Jahre 2002, die belegen könnte, dass SCO frühzeitig wusste, dass Linux keinen mit SCO-Rechten belasteten Code enthält.

Die von Groklaw veröffentlichte E-Mail stammt von dem Zeugen Michael Davidson, der seine Erinnerungen an eine zuvor durchgeführte Prüfung des SCO-Codes zusammenfasste. Diese Mail wurde zur Kenntnisnahme an SCO-Chef Darl McBride weitergeleitet. Der Mail zufolge wurde von SCO der auswärtige Gutachter Bob Schwartz damit beauftragt, den Code verschiedener Linux-Versionen mit dem SCO-Code zu vergleichen. Die Zielrichtung war eindeutig:

"The hope was that we would find a "smoking gun" somewhere in code that was being used by Red Hat and/or the other Linux companies that would give us some leverage. (There was, at one stage, the idea that we would sell licenses to corporate customers who were using Linux as a kind of "insurance policy" in case it turned out that they were using code which infringed our copyright)."

Die Arbeit des Gutachters war erfolglos. Vier bis sechs Monate analysierte Bob Schwartz mit speziellen Programmen Linux-Kernel, Code-Bibliotheken und viele Utilities auf Übereinstimmungen. Doch der rauchende Colt ließ sich nicht finden. Wo es Übereinstimmungen im Code gab (etwa im X-Window-System), ließen sich diese auf rechtlich einwandfreie Lizenzen zurückführen.

"At the end, we had found absolutely *nothing*. ie no evidence of any copyright infringement whatsoever.

There is, indeed, a lot of code that is common between UNIX and Linux (all of the X Windows system, for example) but invariably it turned out that the common code was something that both we (SCO) and the Linux community had obtained (legitimately) from some third party."

Sollte die E-Mail von Davidson tatsächlich bei Darl McBride angekommen sein -- wofür es keine Belege gibt --, so hat dieser in der darauf folgenden Zeit wissentlich falsche Behauptungen aufgestellt. In zahllosen Interviews und Veranstaltungen hatte McBride erklärt, dass SCO im Besitz harter Beweise sei, die eindeutig die Lizenzverletzungen zeigen würden. Gleich zwei Mal wurde inkriminierter Code von ihm persönlich in Las Vegas gezeigt, einmal als Bildschirmpräsentation, ein anderes Mal als Printout. Außerdem hatte McBride seine Beweise der Fachjournalistin Laura DiDio gezeigt, die Übereinstimmungen im Code bezeugte.

Auf die Veröffentlichungen von Groklaw hat SCO bereits reagiert: SCO-Sprecher Blake Stowell erklärte, dass die Veröffentlichung der E-Mail mehr Probleme aufwerfe als dass sie Fragen beantworte. Er kündigte an, dass SCO darauf vorbereitet sein werde, vor Gericht alle Fragen zu dieser E-Mail zu beantworten. Vor den Medien werde man sich indessen nicht zu diesem Thema äußern.

Zu den Entwicklungen in dem Streit, den SCO mit IBM, Novell und der Open-Source-Gemeinde um SCO-Rechte an Unix und angeblich unrechtmäßig in Linux übernommenen Code angezettelt hat, siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)