Computex

SSD-Anbieter im Goldrausch

Solid State Festplatten sind der heimliche Renner auf dieser Computex. So mancher Hersteller hofft, dass dieser Massenspeicher-Typ das ansonsten eher flaue Geschäft wieder belebt.

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Von
  • Georg Schnurer

Musste man auf der letzten Computex noch suchen, um neue SSD-Modelle zu finden, so stolpert man auf der Messe in diesem Jahr geradezu über die zumeist im 2,5"-Format angebotenen Laufwerke. Angeboten werden Kapazitäten zwischen 64 GByte und 2 TByte. Die Hersteller versprechen Leseraten von bis zu 250 MByte/s und Schreibraten bis hin zu 240 MByte/s. Messeschilder sind geduldig. Wie schnell die neuen SSD-Modelle letztlich in der Praxis sind, wird sich wohl erst zeigen, wenn erste Seriengeräte für Tests zur Verfügung stehen.

Die in den Prospekten stets nach vorn gestellten maximalen Datenraten spielen in der Praxis ohnehin kaum eine Rolle. Die bislang von c’t getesteten Modelle erreichen diese Traumwerte bestenfalls einmal direkt nach dem Einschalten. Später, wenn der Controller mit dem Umschaufeln der Daten (Wear leveling) beschäftigt ist, sinken die Datenraten drastisch. Hinzu kommt noch, dass die maximale Transferrate gar nicht der Wert ist, der den Anwender interessiert. Hier wäre es wichtiger, die kontinuierlich erreichbare Datenrate zu erfahren. Ebenfalls wichtig wären Informationen zu den Zugriffszeiten. Doch solche Angaben sucht man in den oft spartanisch gehaltenen Datenblättern vergeblich. Fragt man gezielt an den Messeständen nach, reduzieren sich bei vielen Produkt-Managern plötzlich die Englischkenntnisse.

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Evolution

Vom Dinosaurier zum technischen Wunderwerk - so stellt GSkill die Entwicklung bei Massenspeichern dar. Der kleine Stift am Ende der Evolutionskette ist eine SSD mit SATA-/USB-Kombiport.

Als potenzieller SSD-Käufer muss man sich also an anderen Schlüsselbegriffen orientieren. Ein deutliches Warnsignal ist etwa die Formulierung "Built-in RAID 0 Support". Solche Laufwerke arbeiten intern mit zwei SSD-Controllern und einem nachgeschalteten RAID-0-Controller (Striping). Was auf den ersten Blick toll klingt, dient aber in der Regel dazu, eklatante Schwächen des SSD-Controllers – meist ein älteres Modell von JMicron – zu überdecken. Dank RAID 0 sind diese SSDs zwar nicht so lahm wie andere Einfachst-Modelle, doch dafür verbrauchen sie auch doppelt so viel Energie wie ein richtig designtes Modell. Fünf Watt und mehr sind hier nicht unüblich. Zudem werden die Laufwerke recht warm, was sie für einen Einbau in ein Notebook eigentlich disqualifiziert.

Besser, es steht im Prospekt zu lesen, dass die SSD mit einem SDRAM-Cache aufwarten kann. Das deutet auf ein recht flottes Gerät mit Samsung- oder Indilinx-Controller. Diese gibt es sowohl mit den preiswerten, aber langsamen MLC-Flash-Chips als auch mit schnellen, aber eben auch teuren SLC-Bausteinen. JMicron hat zwar auf seiner Roadmap auch einen passenden SSD-Controller, doch bislang konnten wir noch keine Laufwerke entdecken, die diesen verwenden. Bleibt als letzter Controller-Hersteller noch Intel. Der Chip-Gigant verkauft seine Bausteine allerdings nicht so gerne an andere Hersteller. Lieber betreibt man "Co-Branding". Das heißt, der Partner darf sein Typenschild neben das von Intel kleben. Laufwerk und Innenleben stammen dann aber von Intel. Zu den SSDs, die solch ein Doppel-Logo ziert gehört beispielsweise Adatas X25-M. Auch Samsung-SSDs werden gern von anderen Herstellern mit eigenem Logo versehen. Samsung ist hier allerdings generöser als Intel und erlaubt seinen Kunden, die SSDs komplett unter eigenem Logo zu vertreiben.

Doch wenn das Innenleben in den meisten Fällen eh identisch ist, wie sollen sich die Hersteller dann voneinander unterscheiden? Nun, Markenimage ist hier natürlich ein Mittel. Oder eben ein eigenes Gehäusedesign, wie wir es etwa bei Silicon Powers Modell E10 entdeckten. Das gute Stück besitzt ein robustes Gehäuse und wartet neben dem üblichen SATA-Port auch noch mit einer USB-Buchse auf. So lässt sich das in Kapazitäten von 32 bis 256 GByte erhältliche Gerät auch als externe Festplatte für unterwegs nutzen.

Mit richtig großen Kapazitäten protzt OCZ: Das neue Modell "Colossus" im 3,5"-Format soll mit ein und zwei TByte zu haben sein. Das 1-TByte-Modell erwartet man im August. Der Preis: Irgendwo zwischen 2500 und 3000 Euro – nicht gerade ein Pappenstiel, dafür soll das Laufwerk aber auch Leseraten von bis zu 250 MByte/s erreichen. Beim Schreiben verspricht der Hersteller stolze 220 MByte/s. Die hohe Kapazität und die flotte Datenrate verdankt die Schatzkiste einem Trick: Im Inneren stecken zwei flotte SSDs, die im RAID-0-Modus arbeiten.

Ähnliches kann man sich freilich auch selbst zusammenbasteln: So bietet Adata unter der Bezeichnung EX92 einen 3,5"-SATA-Converter an, der zwei SSDs aufnimmt und diese in vier verschiedenen Betriebsarten verwalten kann: RAID-0, RAID-1 (Mirroring), JBOD – Just a Bunch of Disks, also zwei hintereinander geschaltete Laufwerke, die im Rechner als ein Laufwerk auftauchen – oder im "Normalmodus". Hier "sieht" der Rechner zwei Platten.

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das reichhaltige SSD-Angebot also als sehr übersichtlich. Echte Neuentwicklungen sind bislang nicht in Sicht, dafür aber viele neue Mitspieler im SSD-Markt. Das ist zumindest für eines gut: Für Wettbewerb, und der treibt die immer noch horrenden Preise für SSDs sicher bald in passable Größenordnungen. (gs)