Schäuble: Wir müssen gegen den Terror noch wachsamer sein

Der Bundesinnenminister will in der geplanten Anti-Terror-Datei als Merkmal auch die Religionszugehörigkeit speichern; er forderte erneut eine stärkere Durchforstung des Internet, da es zum "Lehrbuch" für Terroristen werde.

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Von
  • Jürgen Kuri

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht trotz rascher Fahndungserfolge im Fall der Kofferbomber die Terror-Gefahr in Deutschland keineswegs gebannt. "Wir würden einen Fehler machen, wenn wir uns jetzt zurücklehnen würden", sagte er den Lübecker Nachrichten. Schäuble erklärte erneut, er wolle vor allem das Internet stärker durchforsten lassen, da es immer mehr zum "Lehrbuch" für Terroristen werde.

Der Minister rief die Bürger zu mehr Wachsamkeit auf, um Verdächtigen frühzeitig auf die Schliche zu kommen. Er richtete diesen Appell auch an die Muslime in Deutschland. Es wäre völlig falsch, sie unter Generalverdacht zu stellen. Aber auch sie müssten ihren Beitrag gegen die Terror-Gefahr leisten und dürften "nicht in falsch verstandener Solidarität wegschauen".

CSU-Chef Edmund Stoiber hält die Distanzierung der muslimischen Organisationen vom islamistischen Terror für nicht ausreichend. Die Muslime in Deutschland müssten "aktiv gegen Terror Stellung beziehen und nicht nur mit Worten", schreibt Stoiber in der Bild am Sonntag. Er verlangt von den muslimischen Gemeinden, Extremisten auszustoßen und den Sicherheitsbehörden zu melden. Die westlichen Werte dürften in Moscheen und Gebetshäusern nicht weiter als moralisch minderwertig verunglimpft und damit junge Muslime radikalisiert werden.

In der geplanten Anti-Terror-Datei möchte Schäuble als Merkmal auch die Religionszugehörigkeit speichern. Sie sei "ein wesentliches Kriterium, genauso wie berufliche Fähigkeiten. Die Attentäter um Mohammed Atta haben eine Pilotenausbildung begonnen. So etwas kann Anhaltspunkte liefern", meinte der Innenminister. Angesichts der großen Gefahr durch den islamistischen Fundamentalismus sei es richtig, die Religionszugehörigkeit mitzuerfassen. "Damit wird die Religionsfreiheit nicht verletzt", sagte Schäuble dem Nachrichtenmagazin Focus.

In der Mainzer Allgemeinen Zeitung sagte Schäuble, zur Sicherung des Bahnverkehrs seien mehr Sprengstoff-Spürhunde nötig. Außerdem müssten künftig Bahngleise durch Polizeistreifen oder mit technischen Mitteln "intensiver überwacht werden". Auch die Videoüberwachung will Schäuble massiv ausbauen. "An Bahnhöfen, Flughäfen, großen Straßen und Plätzen ist Videoüberwachung machbar und sinnvoll", erklärte Schäuble im Focus. Er habe mit der Bahn vereinbart, dass "dort, wo es sinnvoll ist", weitere Kameras installiert werden.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sprach sich unterdessen gegen eine flächendeckende Videoüberwachung von Innenstädten aus. "Ganze Innenstädte zu überwachen, halte ich für unverhältnismäßig. Es gibt keinen hinreichenden Anhaltspunkt, dass unser Land dadurch sicherer wird", sagte Zypries der in Hannover erscheinenden Neuen Presse. Eine Videoüberwachung von Knotenpunkten wie Flughäfen oder Bahnhöfe sei dagegen sinnvoll.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die politischen Reaktionen auf die fehlgeschlagenen Kofferbomben-Attentate als "völlig unzureichend" und verlangte eine "grundsätzliche sicherheits- und gesellschaftspolitische Neuausrichtung". In der Neuen Osnabrücker Zeitung meinte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg: "Offenbar muss es bei uns erst Terroropfer geben, bevor unsere Politiker es wagen, die sicherlich nicht angenehmen Konsequenzen aus der Bedrohungslage in Deutschland zu ziehen." So seien Anti-Terror-Datei und eine neue Kronzeugenregelung lange diskutierte "Selbstverständlichkeiten". Mehr Sicherheit gebe es nicht zum Nulltarif, so der GdP-Chef. "Solange die Terrorbekämpfung nicht deutlich personell und finanziell aufgestockt wird, ist alles andere weiße Salbe."

Siehe dazu auch: (jk)