Schnelles WLAN auf dem Weg zu Draft 4.0 [Update]

Das Treffen der IEEE-Arbeitsgruppen in der vergangenen Woche war produktiv. Allerdings entpuppte sich Draft-N-WLAN im 5-GHz-Band als potenzielle Störquelle für 11a-Systeme.

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Kurz vor Ostern trafen sich die IEEE-802-Arbeitsgruppen zu ihrem Turnus-Meeting in Orlando. Das Treffen war offensichtlich produktiv, denn fünf WLAN-Arbeitsgruppen (802.11n: Enhancements for Higher Throughput, 11p: Wireless Access in Vehicular Environments, 11s: Mesh Networking, 11w: Protected Management Frames, und 11z: Direct Link Setup) können nach Abarbeiten der Kommentare aus dem Januar-Termin ihre Entwürfe nun auf die nächste Version hochstufen und in die Abstimmung geben: So erreicht der Standardentwurf 802.11n für MIMO-WLAN bis 600 MBit/s voraussichtlich bis Mai die Version 4.0. Neue Geschwindigkeitsrekorde werden WLAN-Router mit Draft 4.0 nicht erzielen. Vielmehr wird die technische Basis genauer definiert, was die Interoperabilität von Produkten mit unterschiedlichen Chipsätzen verbessert.

Bei der Diskussion um die Kommentare und ihre Auflösung trat ein neuer Gesichtspunkt zu Tage, der das Verhalten von 11n-WLANs im 5-GHz-Band beeinflussen wird: Eine von Cisco-Mitarbeitern dominierte Entwicklergruppe hat bei Untersuchungen an VoIP-Verbindungen über Draft-N-WLAN festgestellt, dass 11n-Basisstationen (Access Points, AP) im Greenfield-Modus benachbarte 11a-APs zu einem unnötigen Kanalwechsel veranlassen können, [Update: und das nicht nur,] wenn ihr sekundärer Funkkanal im 40-MHz-Betrieb mit der Betriebsfrequenz des 11a-WLANs zusammenfällt, beispielsweise Kanal 44+48 beim 11n-Netz und 48 beim 11a-System.

Im von verschiedenen Funksystemen genutzten 5-GHz-Band müssen WLAN-Basisstationen ihren Funkkanal beobachten und wechseln, wenn sie Nicht-WLAN-Signale feststellen (DFS, Dynamic Frequency Selection nach 802.11h). DFS dient dem Schutz anderer Systeme wie beispielsweise Flughafenradaren. Das Problem dabei ist, dass herkömmliche 11a-APs ein kurzes Greenfield-Frame im 11n-Kanal nicht von einem Radarsignal unterscheiden können und deswegen unnötig ihren Kanal verlassen, was im 11a-System zu einem kurzen Verbindungsaussetzer führt. Bei manchen WLAN-Chipsätzen soll DFS sogar so simpel gelöst sein, dass sie jedes Signal, das sie nicht eindeutig als OFDM-Frame identifizieren können, als Radarsignal ansehen.

Der Effekt trat wenige Minuten nach Aufnahme des Draft-N-Telefonats reproduzierbar mit unterschiedlichen VoIP-Codecs bei verschiedenen 11a-Basisstationen auf. Er schadet vor allem 11a-Systemen, die als Richtfunkverbindung oder Bridge mit konstantem Datenverkehr laufen. Als Abhilfe sollen die 11n-APs auf Beacons von 11a-Geräten lauschen und bei deren Auftreten vorübergehend den Greenfield-Modus verlassen. Falls der 11n-AP innerhalb einer bestimmten Frist – vorgeschlagen sind 30 Minuten – keine weiteren 11a-Signale wahrnimmt, darf er den Greenfield-Betrieb reaktivieren. Die Lösung hat den Vorteil, dass sie keine Hardware-Änderungen erfordert, sondern sich allein mit einem Firmware-Update erledigen lässt. Dabei hält sich die vorübergehende Geschwindigkeitseinbuße in Grenzen, denn Greenfield verwendet in reinen 11n-Netzen eine etwas kürzere Präambel und ist deshalb nur ein paar Prozent schneller als Nicht-Greenfield-Betrieb.

Bezüglich der Flut von Teilnormen hat die WLAN-Standardfamilie 802.11 übrigens zur Kabelvariante 802.3 aufgeschlossen und Doppelbuchstaben erreicht: Die Task Group VTS (Video Transport Stream) arbeitet an 802.11aa. Der Standard soll die hauptsächlich für Voice-over-WLAN erdachten QoS-Methoden aus 802.11e um Funktionen für Videoübertragung erweitern, beispielsweise auch Multicast-Betrieb.

Ferner haben viele Arbeitsgruppen prophylaktisch eine Verlängerung ihres Project Authorization Request (PAR) erbeten, damit sie nicht zwangsweise aufgelöst werden. Offensichtlich ist weitere Feinarbeit nötig. In der aktuellen Überarbeitung des Wimax-Standards 802.16 wurde der Mesh-Mode entfernt. Statt dessen wird 802.16j mit den Mobile Multihop Relays Einzug halten.

Die Body Area Network Task Group (802.15.6) debattiert noch, ob man tatsächlich einen Standard für Funkimplantate entwerfen sollte. Die Bedenken kreisen um die juristischen Implikationen: Sollte jemand sterben, weil ein Implantat nicht funktioniert, könnte sich die IEEE als Standardherausgeber zur Verantwortung gezogen sehen.

Auch die Arbeitsgruppe zu Very High Throughput (VHT, Datenübertragung mit 1 GBit/s und aufwärts) wird noch etwas länger als Study Group existieren und zwei PARs entwickeln, einen für Betriebsfrequenzen unterhalb von 6 GHz sowie einen für 60 GHz und darüber. Für die gigabitschnellen, aber mit bis zu 100 MHz sehr breit funkenden Datennetze dräuen am Horizont im 5-GHz-Band die gleichen Probleme, die Draft-N-WLAN mit seinem 40 MHz breiten Kanälen jetzt schon im überlaufenen 2,4-GHz-Bereich verursacht. (ea)