Schnüffel-Affäre bei HP weitet sich aus

Der Verwaltungsrat interessierte sich offenbar nicht nur für private Daten seiner Mitglieder, sondern auch für die Telefonverbindungen einiger Journalisten.

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Der Schnüffel-Skandal um den Verwaltungsrat des Computerkonzerns Hewlett Packard (HP) zieht weitere Kreise. Wie das Unternehmen jetzt zugab, wurden neben dem Ratsmitglied George Keyworth auch die privaten Telefondaten einiger Journalisten ausspioniert. Betroffene sind bisher Reporter der New York Times (NYT), des Wall Street Journal (WSJ) und von CNET News. US-Medien sprechen von neun ausspionierten Journalisten, von denen bisher vier namentlich bekannt sind.

Kürzlich war bekannt geworden, dass private Ermittler im Auftrag des Verwaltungsrates Keyworths Telefonverbindungsdaten ausspioniert hatten, um ihm eine Indiskretion gegenüber der Presse nachzuweisen. Sein Kollege und Freund Thomas Perkins, dessen Daten ebenfalls im Visier der Schnüffler standen, hatte den Verwaltungsrat deshalb unter Protest verlassen. HP hatte eingeräumt, die Ermittler hätten gegenüber der Telefongesellschaft vorgegeben, Keyworth zu sein und sich so online Zugang zu seinen Verbindungsdaten verschafft. Dafür hatten sie offenbar Keyworths Sozialversicherungsnummer zur Verfügung. Aufgeflogen ist die Affäre durch eine offizielle Meldung an die Börsenaufsicht, die die Umstände von Perkins Ausscheiden erklärte.

Bei den Journalisten dürften ähnliche Methoden angewandt worden sein. Diese im US-Recht "Pretexting" genannte Vorgehensweise ist nach Meinung der HP-Anwälte offenbar nicht zwingend illegal. Nach Ansicht eines externen Rechtsbeistands des Unternehmens habe es "kein Ausspionieren" gegeben, schreibt das WSJ, das Vorgehen sei "innerhalb rechtlicher Grenzen" geblieben. Die Justiz sieht das allerdings anders: "Ein Verbrechen wurde begangen", sagte der Generalstaatsanwalt Kaliforniens, Bill Lockyer, der NYT. Die Frage sei nur, "wer jetzt wofür angeklagt wird". Er will nunmehr Daten bei Internet-Providern beschlagnahmen lassen, um die Identität der Schnüffelnasen zu ermitteln.

Offiziell gab sich HP heute geschockt über die Ausweitung des Skandals. "Wir sind bestürzt, dass die Daten der Journalisten ohne ihr Einverständnis eingesehen wurden", versuchte sich ein Sprecher in Schadensbegrenzung. Das Unternehmen habe nicht gewusst, welche Methoden angewandt worden seien und diese auch nicht autorisiert. Allerdings dürfte die Affäre für HP damit nicht ausgestanden sein. Informationen der NYT legen nahe, dass die Liste der im Namen von HP ausspionierten Personen noch länger sein könnte. Branchenkenner vermuten daher, dass die Verwaltungsratsvorsitzende Patricia Dunn die Affäre nicht überleben wird. Sie hatte wegen der im Umfeld des spektakulären Rausschmisses von CEO Carly Fiorina an die Presse gelangten Informationen die Ermittlungen in Auftrag gegeben. (vbr)