Schuldig: Silk-Road-Gründer droht lebenslange Haftstrafe

Die Jury brauchte keine vier Stunden: Ross U., mutmaßlicher Betreiber der digitalen Untergrund-Handelsplattform Silk Road, wird schuldig gesprochen. Ob er wirklich der alleinige Kopf hinter dem Drogenmarkt war, bleibt aber bis zuletzt unklar.

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Hammer auf Richterbank

(Bild: dpa, Uli Deck)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Der Gründer der Online-Drogenbörse Silk Road, Ross U., muss sich auf eine lange Haftstrafe einstellen. Eine Jury des zuständigen Bezirksgerichts von Manhattan befand den 30-Jährigen am Mittwoch in allen Anklagepunkten für schuldig. Die US-Regierung wirft U., der im Oktober 2013 vom FBI verhaftet worden war, unter anderem Verschwörung zum Handel von Drogen und Waffen im Internet vor.

Der Angeklagte soll ab Anfang 2011 unter dem Pseudonym "Dread Pirate Roberts" Betreiber der Ursprungsversion der illegalen Online-Plattform Silk Road gewesen sein. Seine Anwälte stritten dies bis zuletzt ab. Er habe die Seite zwar entwickelt, sich dann aber rasch zurückgezogen. U. selbst sagte bei dem dreiwöchigen Prozess in New York nicht aus.

Diverse auf seinem Laptop sichergestellten Dokumente, für Silk-Road-Transaktionen verwendete Einheiten der Digitalwährung Bitcoin in Millionenwert sowie ein ehemaliger Wegbegleiter und Ermittler belasteten U. vor der Jury. Einige Zeugen, die die Verteidigung für wichtig hielt, wurden vom Gericht nicht zugelassen. Das Strafmaß soll am 15. Mai verkündet werden. U. droht im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe.

Trotz der erdrückenden Beweislage bleiben Zweifel, ob U. wirklich Silk Roads alleiniges Mastermind "Dread Pirate Roberts" ist. So sagte DPR dem US-Magazin Forbes im Juli 2013: "Ich habe Silk Road nicht gestartet, es war mein Vorgänger". Forbes-Redakteur Andy Greenberg, der das Interview führte: "Das erste, was er mir sagte, war: 'es gibt mehrere Dread Pirate Roberts'".

Auch die Wahl des Pseudonyms spricht eher gegen einen Einzeltäter – es stammt aus dem Film "The Princess Bride" von 1987 und steht dort für einen Charakter ohne klare Identität. Einige Prozessbeobachter sehen in dem harten Durchgreifen der US-Regierung eine Art Exempel. So solle gezeigt werden, dass der Staat auch im Darknet die Kontrolle habe, hieß es am Rande der Verhandlung immer wieder. Damit ist eine Untergrund-Nische des Internets gemeint, die nur durch den Anonymisierungsdienst TOR erreichbar ist.

Die US-Regierung hat weder Kosten noch Mühen gescheut, um Silk Road auszuheben – zumindest das Original, Nachahmerseiten sind bis heute nur schwer auszumerzen. Jared Der-Yeghiayan, ein Agent der Behörde Homeland Security, unterhielt als verdeckter Ermittler bis zu 18 Nutzerkonten bei Silk Road. Er arbeitete sich bis zum Administrator hoch und gewann das Vertrauen von Dread Pirate Roberts. Über zwei Jahre habe er Tausende von Stunden auf der Plattform verbracht, sagte der Agent vor Gericht aus.

Im Oktober 2013 stellten die Ermittler die entscheidende Falle: Der-Yeghiayan lockte U. unter einem Vorwand in einen Chat im Foren-Bereich von Silk Road und überführte ihn mutmaßlich durch eine markierte E-Mail, die dem Ermittler zufolge nur der wahre Dread Pirate Roberts erkennen konnte. Die Einsatzkräfte nahmen U. in einer Bibliothek fest, beschlagnahmten seinen Laptop und durchsuchten seine Wohnung in San Francisco.

Es waren neben Der-Yeghiayan noch etliche andere Geheimagenten im Einsatz. Einer von ihnen soll sich gegenüber U. sogar als Auftragskiller ausgegeben und ihm vorgegaukelt haben, für 40 000 US-Dollar einen unbequemen Silk-Road-Admin aus dem Weg geräumt zu haben. Obwohl es sich dabei um eine Täuschung handelte, könnte dem Angeklagten noch ein separater Prozess wegen Auftrags zum Mord gemacht werden. (kbe)