Schwedisches Gericht bestätigt Haftbefehl gegen Assange

Die schwedische Justiz beharrt darauf, den in der ecuadorianischen Botschaft in London festsitzenden Wikileaks-Aktivisten in Schweden zu vernehmen. Seine Anwälte wollen das auf jeden Fall verhindern.

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Von
  • Detlef Borchers

Die schwedische Justiz hält daran fest, Wikileaks-Gründer Julian Assange zu den Vorwürfen der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung in einem minderschweren Fall auf schwedischem Boden zu befragen. Der im Herbst 2010 gegen Assange erlassene Haftbefehl sei rechtmäßig ergangen und damit weiter wirksam, entschied das Stockholmer Bezirksgericht am Mittwoch und wies damit eine Verfahrensklage (PDF-Datei) von Assanges neuen schwedischen Anwälten Thomas Olsson und Per Samuelson zurück.

Seit zwei Jahren sitzt Wikileaks-Gründer Julian Assange in der Botschaft Ecuadors in London fest.

(Bild: dpa, Kerim Okten)

In ihrer vorläufigen Begründung der Entscheidung folgte Richterin Lena Elgin weitgehend der Darstellung von Generalstaatsanwältin Marianne Ny. Diese hatte den Haftbefehl im Oktober 2010 erwirkt, nachdem Assanges damaliger Anwalt Björn Hurtig ihr mitgeteilt hatte, seinen Mandanten nicht erreichen zu können. Dieser hatte Schweden mit einem Flugzeug am 27. September 2010 um 17:20 Uhr verlassen, nachdem Hurtig um 14:15 per SMS die Vorladung von Marianne Ny erhalten hatte.

Ny erklärte in der Verhandlung am Mittwoch, sie habe zum Zeitpunkt der Ausstellung des Haftbefehls nicht gewusst, wo sich Assange aufhielt. Auf den schwedischen folgte ein Europäischer Haftbefehl, der am 18. November 2010 wirksam wurde und mithin der Grund ist, warum Assange in Großbritannien unter Meldeauflagen leben musste. Dort scheiterte Assange in allen drei Instanzen mit dem Versuch, den Europäischen Haftbefehl abzuwehren.

Assanges Anwälte machten hingegen geltend, der Wikileaks-Chef habe sich keineswegs überhastet außer Landes begeben. Vielmehr sei Assange am 27. September planmäßig nach Berlin geflogen, um dort eine seit langem angekündigte Rede zu halten. Es habe u keinem Zeitpunkt Fluchtgefahr bestanden, die einen Haftbefehl gerechtfertigt hätte. Außerdem habe Assange angeboten, sich am 9. oder 10. Oktober nach einem angekündigten Vortrag in Stockholm vernehmen zu lassen. Dieser Termin an einem Wochenende sei aber nicht akzeptiert worden, weil Überstunden angefallen wären.

Assange habe sich darüber hinaus nicht in Schweden stellen können, weil die britischen Behörden seinen Reisepass einbehalten hätten, führten seine Anwälte weiter aus. Danach konnte Assange unter Meldeauflagen und gegen Kaution in Großbritannien leben (und gegen den Haftbefehl klagen), aber nicht einmal seine Familie und seinen sterbenden Vater besuchen.

Seit zwei Jahren lebt Assange in London in der Botschaft Ecuadors, wo er politisches Asyl genießt. Die britischen Behörden wollen ihn nach Schweden ausliefern. Der Australier fürchtet, von da in die USA abgeschoben zu werden. Sein Anwalt Per Samuelson betonte, dass das Menschenrecht auf politisches Asyl ein fundamentales, hochstehendes Recht ist. "Wenn der Berg nicht zu Mohammed kommt, muss Mohammed zum Berg kommen", meinte Samuelson und bedeutete damit der Generalstaatsanwältin, dass sie Assange in London verhören müsste.

Die Verhandlung vor dem Stockholmer Bezirksgericht war zunächst eine Stunde lang unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden, weil Details zu den Vorwürfen erörtert wurden, die das Privatleben von Assange und der beiden Frauen betrafen, die mit ihm sexuellen Kontakt hatten. Gegen die Entscheidung von Richterin Eglin kann Einspruch erhoben werden, dann geht die Verhandlung über die Rechtmässigkeit des Haftbefehls in die nächste Instanz.

Update 16.07.2014, 23:10 Uhr: Assanges Anwälte erklärten am Mittwochabend gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, dass sie in Berufung gehen wollen. (vbr)